Aschau/Schechen – Eisstockschießen – ursprünglich ein Volkssport, der früher nur im Winter in Gegenden mit zufrierendem Wasser verbreitet war – ist heute nicht nur Freizeit-, sondern mehr noch Leistungssport, der das ganze Jahr über betrieben wird. Und der auf Europa- und Weltmeisterebene ausgetragen wird. „Vielleicht wird es gar eine olympische Disziplin in vier Jahren“, wagt Peter Rottmoser aus Schechen, Weltmeister von 2012, Europameister und mehrmaliger deutscher Meister, beim Aschauer Kreispokalturnier im Weitenwettbewerb zu hoffen.
„Konzentration, Koordinationsgefühl und Technik – genau diese Dinge machen den Reiz der Sportart aus“, sagt Sebastian Pelkofer, Vorsitzender der Aschauer Stockschützen, die dieses Jahr zum zweiten Mal den Kreispokal ausrichteten. „Da braucht’s mehr, als nur ein nach vorne hauen.“
Pelkofer kann viel erzählen von der Vereinsgründung 1983 und den mit viel Eigenleistung und Engagement errichteten Bahnen und Vereinsheim am Freibad. Zweimal die Woche werde trainiert, die Geselligkeit sei aber auch sehr wichtig, und beim Alter gebe es keine Grenzen. Derzeit variiere das Alter der rund 120 Mitglieder zwischen 25 und 75 Jahren: „Es gab sogar schon mal Minis.“
Und dann natürlich der Sport an sich – aber da muss Pelkofer abbrechen, denn der Wettbewerb soll gleich beginnen. Viele Zuschauer sind gekommen, um die Wettkämpfe – nach Altersklasse und Geschlecht getrennt – zu verfolgen. Mit Laser werden die Entfernungen gemessen, jedem Teilnehmer stehen vier Versuche zu. Und wer die Sieben-Meter-Linie übertritt oder an die Bande, hier die Bordsteinkante, kommt, dessen Wurf wird nicht gezählt.
Mehrmals die
Woche im Training
Dass dabei Peter Rottmoser bei den Herren seinen 78- Meter-Bahnrekord hält, ist kein Wunder, trainiert er doch – im Gegensatz zu den meisten hier antretenden Athleten – nach wie vor mehrmals die Woche. Rottmoser betont das Sportliche beim Stockschießen: „Da kommt es nicht auf die Kraft an, sondern eher auf die Technik und die Beweglichkeit, das Gefühl und die Konzentration.“
Über seinen Vater kam er als Zwölfjähriger zum Eisstocksport. Und ziemlich schnell schoss er sich von der untersten Liga in die Weltspitze und konnte so im Lauf der Jahre viele Titel auf Bundes- und internationaler Ebene einheimsen.
Nach kurzem Einspieltraining auf der Straße beim Aschauer Eiskeller zeigt er seinen Mitbewerbern aus der Region, dass er nicht umsonst nach wie vor zu den weltweit Besten gehört. Seine 78 Meter können die anderen nicht erreichen, aber dennoch freut sich der Aschauer Stockschützenverein über die Teilnahme des prominenten Sportlers, ist man doch seit langem befreundet.
Der Familienvater und im täglichen Leben als Lagerist tätige ehemalige Weltmeister ist mit seinen Erfolgen zufrieden, wenngleich ihm doch noch etwas fehlt, wie er zugibt. Rottmoser zählt auf: Die erste Europameisterschaft der Herren wurde 1951 in Garmisch, die erste der Frauen 1965 in Mittenwald durchgeführt und seit 1983 gibt es sogar Weltmeisterschaften. Allein, olympische Weihen fehlen noch.
Im Gegensatz zu der verwandten Sportart Curling, die im englischsprachigen Raum sehr beliebt ist, sei das Eisstockschießen bislang keine offizielle olympische Wettbewerbsdisziplin, bedauert er. Mittlerweile sei die Sportart auf allen fünf Kontinenten vertreten, sogar in Brasilien, Australien oder Namibia finde der Sport großen Anklang.
Vielleicht klappt es ja doch noch mit Olympia. Aber ob er dann da noch mitmischen kann, weiß er noch nicht: „Ich bin ja schon 38…“ Aber wer weiß – die Sportart ist ja keine Frage des Alters, sondern der Technik, der Konzentration und der mentalen Ausdauer. Ausdauer, die man im Eisstocksport auch im Blick auf Olympia wahrscheinlich wohl noch brauchen wird.