Bad Endorf – Vor 228 Jahren, mitten in den Wirren der französischen Revolution, fand erstmals eine Aufführung eines „Heiligenstücks“ statt. Heuer bringt die Theatergesellschaft Bad Endorf das Stück „Der verlorene Sohn“ auf die Bühne. Die OVB-Heimatzeitungen sprachen mit dem Vorsitzenden der Theatergesellschaft, Markus Mädler, mit Regisseurin Christine Roßmy sowie mit Pressesprecher Markus Hermannsdorfer.
Diesmal steht der „Verlorene Sohn“ auf dem Programm. Ein Stück wieder ganz im Zeichen der klassischen Heiligenspiele? Wie sehen Sie das?
Markus Mädler: Wir folgen einer alten Tradition, auch Geschichten aus der Bibel auf die Bühne zu bringen. Die Rolle des Heiligen übernimmt dieses Mal Gott selbst in Gestalt des barmherzigen Vaters. Das Gleichnis, das Jesus im Lukas-Evangelium (Lk 15,11-32) erzählt, zeigt uns ein mütterliches, barmherziges Gottesbild.
Markus Hermannsdorfer: „Klassisch“ sind unsere Heiligenspiele eigentlich alle. Auch wenn bei uns letztes Jahr erstmals ein evangelischer Kirchenmann auf der Bühne stand. Dieses Jahr haben wir als Besonderheit, dass der verlorene Sohn keine reale Person ist, die tatsächlich gelebt hat. Jesus spricht im Gleichnis nur von einem Vater, der zwei Söhne hat. Er nennt keine Namen. Dem Vater haben auch wir keinen Namen gegeben, die Söhne nennen wir Ruben und Ephraim. So fällt es dem Zuschauer leichter, sich mit den Figuren zu identifizieren.
Am Pfingstmontag ist wie üblich Premiere. Wie liefen die Proben? Welche Herausforderung hatten Hauptdarsteller, Texter und das ganze Ensemble zu meistern?
Markus Hermannsdorfer: Die Proben begannen kurz nach dem Fasching und fanden teilweise bei winterlichen Temperaturen auf einer unbeheizten Bühne statt. Wenigstens durften wir unter Palmen üben, denn das von Herbert Ramoser gemalte Bühnenbild, das eine Landschaft in Palästina zeigt, stand bereits.
Markus Mädler: Es war schön, zu sehen, wie sich die einzelnen Fragmente – Text, Gesang, Bühnenbau und Schauspielerei – von Probe zu Probe immer mehr zu einem gelungenen Bühnenstück zusammensetzten. Den von Erich Eckert verfassten, ursprünglichen Text haben wir mithilfe von Dr. Wagner aus Traunstein, dem Bibelreferenten der Diözese München-Freising, überarbeitet und den neuesten theologischen Erkenntnissen angepasst.
Wie viele Mitspieler sind diesmal dabei? Auch Kinder? Wie leitet man sie an?
Markus Mädler: Insgesamt stehen rund 60 Spieler auf der Bühne, zehn davon sind Kinder. Die Kinder übten zunächst in eigenen Proben. Dort wurden sie in kleine Gruppen eingeteilt. Wichtig ist, dass die Kinder Spaß haben und dass man ihnen etwas zutraut.
Markus Hermannsdorfer: Auch bei unseren Theaterkindern gilt, was im Lukas-Evangelium steht. Man muss ihnen das Ganze mit Liebe und Fürsorge vermitteln. Rohrstock und „Watschen“ sind out.
Für Spielleiterin Christine Roßmy ist es die erste Regiearbeit. Nervös? Wo waren die Herausforderungen?
Christine Roßmy: Natürlich gehört Nervosität dazu, wenn man zum ersten Mal etwas so Großes anpackt. Um die Geschichte des verlorenen Sohnes überzeugend auf die Bühne zu bringen, ist es die größte Herausforderung, alle Mitwirkenden anzuspornen und verschiedene Gefühle wie Freude, Hass, Trauer oder Sehnsucht authentisch darzustellen. Nur so kann der Funke auf das Publikum überspringen.
Das Gleichnis vom „Verlorenen Sohn“: Was können wir heute daraus lernen? Wo liegt heute die Aktualität?
Markus Mädler: Das Gleichnis revidiert die Vorstellung des strafenden Vaters und zeichnet ein sehr mütterliches, menschenfreundliches Gottesbild. Verzeihen steht im Vordergrund. Zusammengefasst wird diese Botschaft im Refrain unseres Schlussliedes: „Wir alle, die das spielten, glauben daran, dass man zu Gott immer zurückkehren kann.“
Interview: Sigrid Knothe