Raubling – Verdient hat sich die Schule diesen Titel nicht nur durch ihr bisheriges Engagement um Gleichheit und Gerechtigkeit, sondern auch, weil Schüler und Lehrer mit ihrer Unterschrift versicherten, dass sie sich auch in Zukunft um Zivilcourage bemühen und gegen Ausgrenzung eintreten werden.
Zu tun gibt es hier viel. Das Projekt, 1995 ins Leben gerufen, europaweit aufgezogen und in allen einzelnen Ländern von den Regierungen intensiv unterstützt, listet auf seiner Homepage zwölf große Themenfelder auf: Antisemitismus, Homophobie, Rassismus, Ausgrenzung, Radikalismus. Diese Themenfelder benennen Probleme, die man nach Ansicht des Trägervereins „Aktion Zivilcourage“ angehen muss, wenn Deutschland auch in Zukunft ein lebenswerter Staat für alle sein und damit ein liebenswertes Land bleiben soll.
Warum sich gerade junge Leute hier engagieren sollen, liegt auf der Hand. Sie, die Schüler von heute, sind der Staat und die Gesellschaft von morgen. Das ist eine Binsenweisheit, doch dahinter versteckt sich, wie Sebastian Zollner, der bayrische Landeskoordinator des Projekts, beim Festakt deutlich machte, ein im Grunde äußerst faszinierender Gedanke: Man ist als junger Mensch eben nicht in eine fertig gegossene Gesellschaft gesteckt, an der es nichts mehr zu ändern gibt. Es gehe deshalb, so Zollner, für junge Leute nicht um die Frage, wie fügen wir uns am besten in das heute Gegebene ein?. Es müsse vielmehr um die Überlegung gehen: Wie würden wir gern in Zukunft in diesem Land leben und was möchten wir ändern, um uns in unserer Gesellschaft wohlzufühlen? Das sei eine ungeheure Offenheit und eine Chance, die man nicht verstreichen lassen dürfe.
Damit aber kommt das Stichwort Courage ins Spiel, wie Sebastian Zollner betonte. Sich prinzipiell als Gegner von Rassismus und Ausgrenzung zu bekennen, sei wichtig, doch das richtige Fundament bekomme dieses Bekenntnis erst, wenn es auch praktisch im Alltag gelebt werde: „Man kann es einfach still hinnehmen, wenn ein Mitschüler blöd angemacht wird, oder aber man kann etwas dagegen sagen“. Das sei ein banales Beispiel, doch auch hier sei Überwindung nötig. Und ohne solche immer wieder geleistete Überwindung sei Veränderung auf keiner Ebene möglich.
Eine Ansicht, die die Direktorin der Schule, Kathrin Hörmann-Lösch, voll und ganz bestätigen konnte: „Bei Ungerechtigkeit, Missachtung, Ausgrenzung gilt: Schweigen bedeutet Zustimmung.“ Und deshalb sei sie stolz darauf, dass sich Schüler und Kollegium gegen das Schweigen entschieden hätten und stattdessen dafür, „auch einmal richtig lästig zu werden, wenn es notwendig ist“.
Gemeinsam gegen Pauschalurteile
Und natürlich sei es selbstverständlich, dass die Schule auch in Zukunft das Projekt voll und ganz unterstützen wird. Für Hörmann-Lösch liegt das auf der Hand: Ausgrenzung und Verachtung seien nur so lange möglich, so lange es in der Diskussion pauschal um „die anderen“ gehe: um die Ausländer, die Flüchtlinge, die Muslime, die Hartz-IV-Empfänger. Sobald das „die“ durch ein „der“ und einen Vornamen ersetzt wird – das habe sie in ihrer Schullaufbahn immer wieder erlebt – würden Ausgrenzung und Ressentiment oft in sich zusammenfallen. Deshalb werde die Schule auch in Zukunft immer wieder ermöglichen, dass die Schüler hinter den Gruppen, denen man mit Vorurteilen begegnet, den einzelnen Mensch erleben könnten.
Nun ist es so, dass Jugendliche Worte, die echte Wahrheiten enthalten, durchaus gerne auch von Älteren akzeptieren. Trotzdem sind Jüngere ihrer Lebenswirklichkeit und ihrem Daseinsgefühl einfach noch näher. Deshalb setzt das Projekt als Unterstützung auf Paten, die sich die Schüler selbst suchen dürfen.
Das Raublinger Gymnasium führte hierzu eine Abstimmung durch, aus der mit großer Mehrheit der Oberaudorfer Lenze und seine Band „Lenze und de Buam“ als Sieger hervorgingen. Ihre Musik könnte man vielleicht am besten mit dem Begriff „Bayernpop“ beschreiben: bunt, schräg, mal verspielt, mal wild, aber immer nah dran an der bayerischen Wirklichkeit.
Dass Lenze, die Schüler und die Schule ein gutes Team sein werden, darf man getrost voraussagen, denn kleine Gesten verraten oft viel: Als Lenze sein Gastgeschenk – ein T-Shirt – hervorzog, auf dem der bekannte Spruch „mia san mia“ abgewandelt war zu „mia san bunt“ und nach jemandem suchte, dem er das Shirt übergeben könnte, stand die Direktorin nicht nur auf, sondern zog – unter großem Beifall – ihren Blazer aus und das T-Shirt an.