Riedering – Bei einer feierlichen Gala des Verbandes Deutscher Tonmeister (VDT) in Berlin konnte Zeh die Trophäe für besondere Tonregieleistungen entgegennehmen. Dieser Preis gilt als die höchste Auszeichnung für Tonschaffende im deutschsprachigen Raum. Wer sie erhalten möchte, muss vor einer Fachjury bestehen, Verkaufszahlen spielen bei dieser Ehrung keine Rolle. Umso mehr freut sich der 40-jährige Riederinger über die Verleihung, denn für ihn zählt vor allem die Qualität seiner Arbeit, das Zusammenspiel von Musiker und Techniker, die Entwicklung von Songs und das Komponieren eigener Melodien.
Die Leidenschaft zur Musik treibt ihn seit seiner Schulzeit an. Als Schüler am Rosenheimer Ignaz-Günther-Gymnasium gründete er mit Schulkameraden eine Band. Damals saß er schon am Keyboard „und schnell wurden auch die ersten, stümperhaften Aufnahmen gemacht“, erinnert er sich.
„Eine der Bands, in der ich dabei war, hieß ‚Voyage‘. Das war wild“, lacht er heute. Nach dem Zivildienst ging er zunächst an die „school for audio engineering“ in München. „Teilweise haben wir uns da nachts einschließen lassen, um auszuprobieren, wie das geht, Bässe rauskitzeln, den richtigen Sound finden, einen neuen Mix kreieren.“
Mit dem „Bachelor of recording Arts“ und einer „semi-professionellen Erfahrung als Aufnahmeproduzent im heimischen Hobbykeller“ kam Zeh in die Tonstudios von Peter Maffay in Tutzing am Starnberger See. „Vom Kaffeereicher über Praktikant bis zum Tonassistenten habe ich mich da hochgearbeitet und immer mehr reingefuchst“, beschreibt Zeh.
Er war schnell und wohl auch sehr talentiert: Schon ein halbes Jahr nach seinem Start in Tutzing hat Zeh damals eines der drei Maffay-Studios verantwortlich übernommen. Er wurde der Mann am Pult, beobachtete, wie hart Musiker wie Bobby Kimball oder Lionel Richie an sich und ihren Songs arbeiten und wusste trotzdem, dass der Toningenieur kein klassicher Lehrberuf ist. „Man muss zwar viel Wissen haben aber letztendlich auch sehr kreativ sein“, beschreibt er es heute.
Parallel zum beruflichen Erfolg entwickelte sich in dieser Zeit auch sein privates Umfeld weiter. Zeh heiratete und bekam eine Tochter. Er gab das Pendeln zwischen Tutzing und Rosenheim auf, zog zurück an seinen Heimatort Riedering und baute sich ein eigenes Tonstudio in den Garten.
Das eigene Tonstudio:
„die:mischbatterie“
52Tonnen Kalksandstein wurden für die Wände in den Untergrund verfrachtet, denn genau gesagt, befindet sich das schöne geräumige Studio unter dem Garten der Familie. An den Grundmauern arbeitete der Toningenieur ebenso mit wie an den Ideen für das Interieur. Zeh hatte genaue Vorstellungen, wie sein Studio aussehen sollte – und darüber, welche Preisgrenze nicht überschritten werden durfte. Nach einem Jahren Bauzeit war es fertig: „die:mischbatterie“ in Riedering startete im Jahr 2006.
Seitdem haben sich hier einige berühmte Musiker die Klinke in die Hand gegeben. Zeh spricht eher zögerlich darüber, für ihn bedeutet die Arbeit mit Musikern nichts Außergewöhnliches. So viel ist aber gewiss: Für Glasperlenspiel und Haudegen hat er schon Songs abgemischt, die mit Goldenen Schallplatten belohnt wurden – und auch Lucy von den „No Angels“ hat mit ihm schon komponiert – und ist mit ihm in Riedering Smoothies einkaufen gegangen. „Wenn man das ein paar Jahre macht, sieht man, dass die Künstler auch nur Menschen sind“, stellt er fest.
Darüber hinaus ist Zeh nicht nur in der Musikproduktion gefragt – auch bei Fernseh-, Film-, Radio-, Hörspielproduktionen und Gamesounds ist er gefragt.
Sein Equipment ist gewaltig. Über die Jahre hat er sein Studio mit den verschiedensten Tonaufnahme- und -mischgeräten ausgestattet. Das große analoge Mischpult, „wie ein E-Klasse-Mercedes mit allen Extras“, ist mehrere Meter breit. Dahinter stehen in Reih und Glied analoge Gerätschaften bereit, auf deren spezielle Funktionen der Tontechniker nur in ganz bestimmten Aufnahmesituationen zurückgreift. „Fast jedes Gerät erzählt hier eine Geschichte. Manchmal fehlt mir das gewisse Etwas bei einem Klang und dann suche ich so lange, bis ich fündig werde,“ erklärt er. Dabei sei vor allem seine analoge Ausstattung oft sehr hilfreich. Zur Zeit sammle er begeistert alte Trafos. „Das hört sich vielleicht spooky (schaurig) an“, gibt er zu, aber diese Übertrager würden einen ganz individuellen und speziellen Sound fabrizieren.
Mit Begeisterung restauriert er derzeit auch ein altes Mischpult. Nächstes Jahr soll es einsatzbereit sein. Dieses Modell ist im Vergleich zu dem Mercedes dann „wie ein alter Maserati mit Holzlenkrad“, ein Sammlerstück mit Seltenheitswert. In Deutschland steht das nächste Mischpult dieser Art in Hamburg“ , weiß Zeh.
Seine Kreativität ist gefragt. Vom Fernsehsender Kika bevölkerten erst dieser Tage rund 20 Mitarbeiter das Tonstudio um Aufnahmen für die Sendereihe „Dein Song“ zu machen. „Ein Riesenauflauf“, beschreibt er die Szene, da seien dann auch seine Kinder und seine Frau schnell mal zum Schauen vorbeigekommen.
Mit Plácido Domingo Fußball geschaut
Ansonsten lässt ihn seine Familie in Ruhe arbeiten. Das sei wichtig, denn wenn die Tür zum Tonstudio geschlossen wird, dann entsteht ein besonderer Raum, erklärt Zeh. „Hier können sich die Musiker frei entfalten – ohne Zuschauer“, beschreibt Zeh die Atmosphäre. „Es gibt Songs, da muss man hören, dass der Künstler fast zerbricht“, weiß er und dieses Gefühl könne nur im geschützten Raum entstehen.
Einer jedoch, der diesen Raum verließ und bis vor den Familienfernseher gelangte, war Plácido Domingo. „Er hatte in Salzburg ein zehntägiges Engagement und suchte während dieser Zeit ein Tonstudio, um an seinem Album weiterarbeiten zu können“, erklärt Zeh. „Mein Studio entsprach seinen Ansprüchen“, freut sich Zeh noch heute – und weil damals gerade die Fußballweltmeisterschaft war, wurde nach der Arbeit auch gemeinsam Fernsehen geschaut.
Inzwischen steht der leidenschaftliche Toningenieur ab und zu auch selbst wieder als Musiker auf der Bühne. Neben Alex Diehl, den er seit drei Jahren am Piano begleitet, wird er im kommenden Frühjahr mit dem deutschen Rockmusiker Gil Ofarim auf Deutschlandtour gehen. „Es juckt mich einfach wieder“, beschreibt er seine Leidenschaft, wieder auf der Bühne zu stehen.