Nußdorf – Argentinien, Bolivien und Ecuador – in diesen Ländern haben 14 junge Erwachsene ein Jahr lang gelebt: Sie nahmen am internationalen Freiwilligendienst der Erzdiözese München und Freising im Jahr 2016/2017 teil, der in das Programm „weltwärts“ des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung eingebunden ist. Unter diesen jungen Leuten war auch die 19-jährige Abiturientin Laura Ettinger aus Nußdorf.
Ankunft am Flughafen Quito: Die Abiturientin wird von ihrer Gastfamilie abgeholt. „Es war schon spät, ich habe nur noch ein bisschen mit meinem kleinen Gastbruder gespielt“, erzählt die 19-Jährige. Bevor der Freiwilligendienst beginnt, wird sie die nächsten drei Wochen jeden Vormittag einen Sprachkurs besuchen. Und das, obwohl sie bereits seit Januar Spanisch lernte und Nachhilfe nahm, wie sie berichtet. „Nachmittags habe ich dann mit meiner Gastfamilie geübt.“
Nach den drei Wochen geht es nach Santo Domingo. Die junge Frau beschreibt ihren ersten Arbeitstag: „Die Kinder waren am Anfang eher skeptisch. Nach einer halben Stunde war die Neugierde allerdings doch größer und sie wollten den ganzen Tag mit mir spielen.“ Sie betreute vormittags eine Krippe mit zehn bis elf Kindern im Alter von eineinhalb bis zwei Jahren. Nachmittags half sie rund 15 Schülern bei ihren Hausaufgaben. „Oft hieß es dann auch nur, Muster nachmalen, damit sie ein Gefühl für die Stiftführung bekommen“, erzählt sie über die Förderung der jüngeren Kinder. Von 8 bis 16 Uhr wurden Kinder aufgenommen, deren Eltern alleinerziehend sind oder beide arbeiten, um genug Geld zu verdienen.
Die Arbeit mit den Kindern machte ihr viel Spaß: „Sie wollen einfach spielen, stürmen auf einen zu und kitzeln einen dann – einfach unbeschwert. Das habe ich total genossen.“ Malen, Papier zerreißen, Schnipsel aufkleben – die Kleineren werden im Erlernen ihrer motorischen Fähigkeiten unterstützt. „Wir haben uns gegenseitig gejagt und getanzt. Es ist oft Musik gelaufen“, schwelgt Ettinger in ihren Erinnerungen. Nachmittags lief es etwas strenger ab, die Kinder mussten ihre Hausaufgaben machen.
Nicht nur, dass die 19-Jährige als einzige der Freiwilligen Kinder in Santo Domingo betreut hat, sie lebte auch auf sich allein gestellt. Wohnung, Verpflegung und Flug wurden über die Organisation und Spenden finanziert.
Das Leben allein war zu Beginn nicht einfach: „Ich habe meine Eltern und Freunde vermisst. Anfangs hatte ich nicht viel Anschluss und alles war unbekannt.“ Das habe sich mit der Zeit jedoch gelegt und sie fand sogar eine Ersatzfamilie, bei der sie Weihnachten verbrachte. Die Heimat fehlte ihr auch: „Ich bin in den Bergen groß geworden, mitten in der Natur. Das habe ich in der Großstadt mit rund 240000 Einwohnern vermisst.“
Nach einem Jahr hieß es dann Abschied nehmen – doch davor bekam sie unzählige Einladungen zum Essen. „Ich bin Vegetarierin, es gab immer extra etwas mit Garnelen oder Fisch.“ Eine große Geste für die Südamerikaner, die zu besonderen Anlässen traditionell Fleisch essen. „Beim Abschied wurde viel geweint. Jeder hat mir gesagt, was er an mir schätzt und wie sehr er mich vermissen wird“, erzählt die junge Frau. Ihr „Lieblingskind“ habe sie gar nicht mehr loslassen wollen.
Vor dem Antritt ihrer Reise wurde die junge Frau zwei Wochen lang auf ihre Arbeit in Südamerika vorbereitet. „Dabei ging es hauptsächlich um den Austausch zwischen den Kulturen. Das gehört einfach zum Programm dazu“, sagt sie. Laura Ettinger erfüllte auch alle anderen Voraussetzungen. Da sie nach dem Abitur schon immer fremde Länder erkunden wollte, sagt sie: „Ins Ausland zu gehen und etwas mit Menschen zu machen, war für mich die optimale Lösung.“
Zurück in der Heimat will Laura Ettinger ihr Engagement auch beruflich fortsetzen. Ab Oktober wird sie Musik und bewegungsorientierte Soziale Arbeit in Regensburg studieren. Den Freiwilligendienst würde sie jedem empfehlen, da man sehr davon profitiere. Auch für die Zukunft nimmt sie einiges aus ihrer Zeit in Südamerika mit: „Man sollte etwas entspannter sein in einer Leistungsgesellschaft wie der unseren. Es kann nicht immer alles perfekt sein. Die Kultur in Ecuador ist anders und irgendwie menschlicher.“