Bad Endorf/Höslwang – Rund um den heutigen Schulanfang ist überall auch von den „Kleinen“ zu lesen, die jetzt in die Schule kommen. Auch in der kleinen Schule in Hemhof bei Bad Endorf werden es 14 Schulanfänger sein, die gerne auch als „Schulzwergerl“ bezeichnet werden. Ob das die Kinder gerne hören, ist fraglich. Sicher aber ist, dass Christine Dechansreiter, Rektorin der Schulen in Hemhof und Höslwang, es nur mit gequältem Lächeln hinnähme, wenn man ihre Schulen als Zwergschulen bezeichnen würde.
Technik für den modernen Unterricht
Dabei sind die Schulen tatsächlich klein – es sind sogar die kleinsten im Landkreis: Hemhof mit den Klassen eins und zwei, Höslwang mit den Klassen drei und vier bringen es auf zusammen gerade mal sechzig Schüler. Ansonsten aber sind es ausgewachsene Schulen mit einer Ausstattung, die auch an Technik wirklich alles hat, was man heute für modernen Unterricht braucht.
Und wenn man die stattlichen Schulhäuser sieht, die für gerade mal für je 30 Kinder da sind, ist man richtig positiv überrascht. Sie hätten ja auch aufgelöst, die Kinder an andere Schulen hin „wegrationalisiert“ und die Immobilien verkauft oder komplett vermietet werden können. Schließlich schwimmen bekanntermaßen weder Höslwang noch Bad Endorf im Geld. Die Gemeinden sind es aber, die größtenteils nicht nur für den Unterhalt der Schulhäuser, sondern auch für die technische Ausstattung aufkommen müssen.
Sicher, es gibt da, wie Helga Wichmann vom Schulamt erläutert, ein Versprechen der Staatsregierung, den Standort kleiner Landschulen zu erhalten: „Kurze Füße, kurze Wege“ heißt nach wie vor das Motto. Halten aber müssen dieses Versprechen zunächst mal die Gemeinden – und das ist manchmal nicht einfach. Dechansreiter berichtet von Zeiten, in denen Kinder, die eigentlich in Bad Endorf zur Schule hätten gehen müssen, nach Hemhof „umgeleitet“ wurden, um dort die Klassenzahlen nicht unter die Mindestgrenze von 13 Schülern sinken zu lassen. Natürlich wurde kein Kind nach Hemhof hin zwangsverpflichtet: Man fragte in jeder Familie nach, ob sie sich eine Einschulung in Hemhof vorstellen könnte. An diesem gemeinsamen Strang musste aber auch die Marktgemeinde Bad Endorf ziehen, die die Kosten für den Schulbus übernahm, und nicht zuletzt auch die Grundschule in Bad Endorf selbst.
Es muss also gute Gründe auch für die Gemeinden geben, an ihren Schulen festzuhalten. Die Schulen in Hemhof und Höslwang sind ganz offenbar das Zentrum eines Netzes aus Kontakten, Bekanntschaften und Freundschaften. Ein Netz, das auch weit über die Schule hinaus reicht. Ob es die Gepflogenheit ist, dass die Schule das zum Erntedankfest in die Kirche gebrachte Obst abholen und zu einem Obstsalatfest verarbeiten darf oder die unkomplizierte Absprache mit dem örtlichen Laientheater über die Nutzung eines Gruppenraumes – alles ist nah und nachbarschaftlich.
So ein Netz, einmal geknüpft, verbreitert sich dann ganz von selbst, schafft eine Dorfgemeinschaft, hält sie lebendig – und macht den Ort nicht nur für die Ansässigen attraktiv, sondern auch für neue junge Mitbewohner mit Kindern. Peter Mayer, stellvertretender CSU-Vorsitzender in Höslwang und selbst Lehrer, bringt es mit folgenden Worten auf den Punkt: „Schulen sind und bleiben das Herz und die Seele einer Gemeinde.“
Natürlich aber sind es die Kinder, die zuallererst von ihren kleinen Schulen einen Nutzen ziehen. Dass es ein Vorteil ist, wenn die Lehrkräfte gerade in den so wichtigen vier ersten Schuljahren nicht die maximale Schülerzahl von 28 Kindern betreuen müssen, sondern nur etwa die Hälfte, versteht sich von selbst. Positiv ist aber auch schlicht der Platz, den die Kinder haben. Nicht nur im Schulhaus, sondern auch draußen – die Schulhäuser stehen im Grünen und der Raum zum Toben und Spielen ist fast unbegrenzt.
Wie sehr die Kinder von dieser Atmosphäre profitieren, zeigt am besten folgendes Erlebnis der Rektorin: Normalerweise bringt Schulleiter – vor allem wenn sie schon länger im Amt sind – nichts so schnell aus der Fassung, auch das Schulamt nicht. Dennoch war Dechansreiter für einen Moment platt, als sie im Rahmen einer Evaluierung nach dem „Strafmaßnahmenkatalog“ in Hemhof gefragt wurde. Evaluierungen sind routinemäßige Befragungen der Schulen, in denen sich die Regierung einen Überblick über die Lage der Schulen und ihre eventuellen Probleme verschafft mit dem Ziel, sie in ihrer Arbeit noch besser zu unterstützen. Die Frage nach dem „Strafmaßnahmenkatalog“ ist dabei eine banale Standardfrage, in der es trotz der grimmigen Bezeichnung vor allem darum geht, mit welchen Tricks Schulleiter und Lehrer auch ihre etwas widerspenstigeren Schützlinge bei der Stange zu halten vermögen.
Qualität hängt nicht von der Größe ab
Dechansreiter aber musste auch nach einigem Überlegen passen: Derartiges gab und gibt es in Hemhof nicht – Schüler und Lehrer fühlen sich offensichtlich wohl in ihren kleinen Schulen. Für die Rektorin ist hier aber eine Ergänzung besonders wichtig: Sie verweist immer wieder darauf, dass die Bedingungen in Hemhof und Höslwang sicherlich hervorragend sind, dass das aber nicht heißt, daß größere Schulen in größeren Gemeinden und Städten automatisch schlechter gestellt wären: Die Qualität einer Schule wird schließlich, so sagt sie, in erster Linie von den daran beteiligten Menschen und deren Engagement bestimmt. Das Umfeld sei sicher wichtig, aber letztendlich doch nur Dreingabe. Und bei allem Positiven: Das Leben sei auch auf dem Land für die Kinder nicht ohne Probleme – eine rundum heile Welt gäbe es nirgends. Wenn es auch laut Dechansreiter eine heile Schulwelt nicht gibt – in kleinen Dorfschulen wie in Höslwang und Hemhof sind die Kinder scheinbar nah dran.