MARCUS MÄCKLER
Es ist wohl das Ende einer Despoten-Freundschaft. Lange sah es so aus, als lasse Wladimir Putin seinen türkischen Kollegen in Nordsyrien gewähren: Erdogans Truppen vertrieben die Kurdenmiliz YPG aus Afrin und marschierten später in den kurdischen Norden des Bürgerkriegslands ein – der Kreml zuckte kaum. Doch jetzt will Putin offenbar zeigen, wer in Syrien das Sagen hat. Die 33 toten türkischen Soldaten gehen wohl auf das Konto der russischen Luftwaffe, das Statement ist unmissverständlich.
In diesem Krieg gibt es keine gute Seite. Putin und sein syrischer Schützling Assad vergießen in der letzten umkämpften Region Idlib so viel Blut, dass es für Generationen reicht, eine Million Menschen sind auf der Flucht vor Russlands Bomben. Dass Erdogan auf der anderen Seite gemeinsame Sache mit Islamisten macht, ist kein Geheimnis. Niemand hat ihn gezwungen, in Syrien einzumarschieren, niemand ihn gebeten, die Türkei zur Besatzungsmacht zu machen. Dass er nun, da der Kuschelkurs mit Putin ein Ende zu haben scheint, die Nato um Hilfe ruft, mag formal seine Richtigkeit haben. Aber es ist auch dermaßen dreist, dass es wehtut. Kaufte Erdogan nicht vergangenes Jahr noch demonstrativ ein russisches Raketensystem und pfiff auf den Protest der Nato-Partner? Dass er parallel versucht, sich mit dem Flüchtlingspakt Unterstützung abzupressen, passt ins Bild.
Einmal mehr zeigt sich leider auch die Zahnlosigkeit der EU in Syrien. Deren Außenbeauftragter Josep Borrell forderte am Freitag in schöner Routine ein Ende der Eskalation. Wenn das die „Sprache der Macht“ ist, die er der EU beibringen wollte, dann gute Nacht.
Marcus.Maeckler@ovb.net