Auch Bayern setzt Krisenstab ein

von Redaktion

Als Reaktion auf die Ausbreitung des Coronavirus hat die Staatsregierung einen Krisenstab eingesetzt. Im Notfall sollen Schulen geschlossen und Großveranstaltungen abgesagt werden. Am Freitag heißt es aber: So weit sei man noch lange nicht.

VON M. MÄCKLER, K. WOITSCH UND R. LANGER

München – Die Devise heißt Ruhe bewahren – dafür ist Joachim Herrmann (CSU) genau der Richtige. „Vom Katastrophenstatus sind wir noch weit entfernt“, sagt Bayerns stets bedächtiger Innenminister am Freitag, um dann doch kurz auf die Möglichkeit zu sprechen zu kommen. Sollte sich der Coronavirus sprunghaft ausbreiten, wären Polizei und Rettungskräfte „für alle Eventualitäten sensibilisiert und einsatzbereit“. Wie in Italien ganze Dörfer abzuriegeln, stehe aber „definitiv nicht zur Debatte“.

Bei Beschwichtigungen soll es aber nicht bleiben, deshalb hat der Freistaat einen Krisenstab eingesetzt. In dem werden die Ressorts Inneres und Gesundheit mit anderen Ministerien regelmäßig über die Lage beraten. Oberstes Ziel: die Ausbreitung des Virus so gut wie möglich zu begrenzen. Bisher gibt es 15 bestätigte Fälle in Bayern, der jüngste wurde am Donnerstagabend bekannt. Das ist (noch) überschaubar. Deshalb setzt die Staatsregierung auch vorerst auf milde Maßnahmen.

In Zügen und Flugzeugen werde Informationsmaterial verteilt, sagt Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) bei einem gemeinsamen Auftritt mit Herrmann. Das sei vor allem für Urlaubsrückkehrer aus Italien gedacht, jenem Land, das europaweit am stärksten betroffen ist. Am Wochenende wird die große Rückreisewelle erwartet.

Auch über weitergehende Maßnahmen habe man bei einer Sitzung des Kabinettsausschusses am Vormittag gesprochen, sagt Huml. Der Tenor war offenbar: nicht überreagieren. Während etwa die Schweiz alle Veranstaltungen ab 1000 Besuchern absagt, setzt Bayern auf die Kooperation der Veranstalter. Die werde man bitten, Aussteller aus Risikogebieten wie China oder dem Iran auszuladen. Funktioniere das nicht, müsse man darüber nachdenken, die Veranstaltung abzusagen.

Auch Schulen sollen zum Ende der Faschingsferien am Montag ganz normal öffnen. Für Schließungen sehe sie „noch keine Notwendigkeit“, sagt Huml. Sollte es aber weitere Coronafälle geben, bei denen die Herkunft der Infektion unklar sei, müsse man noch mal neu nachdenken.

Die Infektionsketten der bisherigen Fälle in Bayern lassen sich glücklicherweise gut nachverfolgen. Die 14 Mitarbeiter des Gautinger Autozulieferers Webasto zum Beispiel hatten sich bei einer Kollegin aus China angesteckt. Der jüngste Fall eines Mannes aus Erlangen liegt ähnlich.

Er hat sich während eines Meetings in München bei einem Italiener angesteckt, wie der Chef des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Andreas Zapf, sagt. Es sei eine kleine Runde von rund zehn Teilnehmern gewesen, die Kontaktpersonen waren also leicht zu ermitteln. Neben dem Erlanger haben sich auch zwei Personen aus Baden-Württemberg und ein Mann aus Schweden angesteckt. Zapf zufolge war bis Freitag nicht klar, ob Letzterer in Schweden oder womöglich doch in Bayern wohnt.

In den optimistischen bayerischen Grundton schleichen sich aber auch ein paar Störgeräusche. Viele Mediziner beschweren sich offenbar über einen Mangel an Schutzkleidung und Atemmasken. Huml zufolge sucht die Staatsregierung nach Lösungen; um „materialschonender“ zu arbeiten, könne sie sich auch vorstellen, Infektionstests an einem zentralen Ort durchzuführen – so seien weniger Schutzanzüge nötig. Am Ende sei es aber auch Sache der Ärzte, genug Schutzkleidung vorzuhalten.

Neben der Staatsregierung hat auch das Bayerische Rote Kreuz (BRK) am Donnerstag einen Krisenstab eingerichtet, um Informationen zu bündeln und schnell reagieren zu können, sollten weitere Verdachtsfälle auftreten. „Das ist eine präventive Maßnahme“, sagt BRK-Sprecher Sohrab Taheri-Sohi. Zuletzt gab es einen solchen Stab 2015 zur Flüchtlingskrise.

Nächste Woche wird Huml mit Vertretern von Bayerns Kliniken sprechen – es soll auch um die Möglichkeit gehen, im Notfall ein ganzes Krankenhaus für Coronapatienten zu räumen. Manche Einrichtung denkt schon über ähnliche Maßnahmen nach. In der Kreisklinik Ebersberg etwa könnte eine ganze Station freigeräumt werden, sagt Geschäftsführer Stefan Huber.

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