Die Türkei in Libyen

Osmanische Träume

von Redaktion

MARCUS MÄCKLER

Der Einmarsch in Syrien ist gerade mal ein paar Wochen her, da nimmt sich der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan schon das nächste Land vor. In Libyen will er türkische Interessen verteidigen. Es geht um Gas, aber auch darum, den Einflussbereich – wie in osmanischen Zeiten – bis nach Nordafrika auszudehnen. In gewisser Weise ähnelt Erdogan damit seinem russischen Kollegen Wladimir Putin, der ebenfalls zurück zu alter Größe will. Bald schon könnten sich im libyschen Chaos beide gegenüberstehen. Zuschauer ist mal wieder: die EU.

Das ist selbst verschuldet, weil unterm Strich die Interessen einzelner Länder wie Frankreich oder Italien schwerer wiegen als der Wille, eine gemeinsame und starke Position zu finden. Gerade im Falle Libyens sollte diese Unfähigkeit der EU zu denken geben. Dass das afrikanische Land eine zentrale Rolle bei der Migration aus Afrika spielt, dürfte sich in Europas Hauptstädten herumgesprochen haben. Aber weiter als bis zum nächsten Deal mit der libyschen Küstenwache wollte man offenbar nicht denken. Jetzt läuft Europa, wie schon in Syrien, Gefahr, die Konsequenzen des Handelns anderer zu tragen.

Wie die ausfallen, ist noch nicht abzusehen. Aber der Kampf um Libyen wird ein langer werden. Inzwischen sind dort so viele Akteure unterwegs, dass ein sich verschärfender Konflikt nur schwer zu entwirren sein wird. Wer sollte die Aufgabe auch übernehmen?

Marcus.Maeckler@ovb.net

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