GEORG ANASTASIADIS
Zu den ungeschriebenen Koalitionsgesetzen in Deutschland gehört, dass sich die Partner gegenseitig nicht in Personalfragen dreinreden. SPD und Grüne, die in Sachsen-Anhalt mit der CDU in einer Kenia-Koalition regieren, haben es trotzdem getan, mit Erfolg: Sie kegelten den Polizeigewerkschaftschef Rainer Wendt aus dem Kabinett, dem er demnächst als Staatssekretär im CDU-geführten Innenministerium angehören sollte.
Ob das wirklich an einer Gehaltsaffäre liegt, die SPD und Grüne dem Polizei-Funktionär vorwerfen, oder doch eher an dessen unverblümter Kritik an Merkels Asylpolitik, Clankriminalität und überhaupt am seiner Meinung nach schwachen deutschen Ordnungsstaat, wird sich wohl nie ganz klären lassen. Dasselbe gilt für Wendts Behauptung, das Kanzleramt habe gegen ihn interveniert. Klar ist aber, wer den Schaden hat: Es ist die CDU, die erneut in den Ruch gerät, dass kantige Konservative in ihren Reihen nichts werden können, weil man sie allzu leicht auf dem Altar der politischen Korrektheit opfert. Auch Wendt musste erleben, wie man ihn zu einem „Mini-Maaßen“ stilisiert. Lebhaft in Erinnerung ist ebenso das Mobbing, das sich Wolfgang Bosbach von Parteifreunden gefallen lassen musste.
Friedrich Merz hat kürzlich beklagt, dass CDU und CSU Polizei und Bundeswehr zunehmend an die AfD verlören. Auch wenn die Warnung aus der Zeit vor seinem Loyalitätsschwur an die eigene Parteichefin stammt, bleibt sie doch richtig: Solange die Union der AfD gestattet, sich als eigentliche Partei für Recht und Sicherheit zu inszenieren, bleibt sie in dem Teil der Wählerschaft, die sich einen entschlossenen Law-and-Order-Staat wünscht, verwundbar. Der Fall Wendt ist für sie ein weiterer Schlag ins Kontor.
Georg.Anastasiadis@ovb.net