Dass er am Vorabend schon kurz als Ursula von der Leyens Nachfolger an der Spitze des Verteidigungsministeriums galt, schien Jens Spahn am Morgen schon verdängt zu haben. Der Gesundheitsminister war viel zu sehr damit beschäftigt, drei Gesetzesvorhaben durchs Kabinett zu drücken. Angriff statt Verteidigung.
Manch einer mag sich schon gefreut haben, über die Gerüchte, Spahn würde wechseln. Für die Gesundheitspolitik ist sein Tempo auch eine Belastung. Elf Gesetzesverfahren aus seinem Haus laufen aktuell. Selbst Mitarbeiter von Regierungsfraktionen verlieren da schon mal den Überblick. Und die Opposition klagt, ihr fehlten die Ressourcen, das alles tiefgehend zu prüfen. Sie habe schließlich kein Ministerium im Rücken. Thematisch falle deshalb einiges hinten runter. Doch man kann Spahn nicht vorwerfen, dass er seine Absichten verbergen würde. Er sucht die Öffentlichkeit wie kaum ein Minister.
Spahn wird nun weiter aufs Gas drücken. Selbst wenn er wollte, könnte der Minister sein Tempo jetzt nicht drosseln. Mehrere Gesetze kommen im Herbst in die entscheidende Phase. Zu Recht sind manche seiner Vorstöße umstritten. Mit dem Rabattverbot für Online-Apotheken droht ihm sogar eine europarechtliche Schlappe, wie sie die CSU bei der Pkw-Maut erlitten hat. Doch selbst Gegner müssen anerkennen: Spahn hat das teils verkrustete Gesundheitswesen gezwungen, sich auf vielen Feldern endlich zu bewegen. Es ist gut, dass er bleibt.
Sebastian.Horsch@ovb.net