Teilhabepaket wird nur wenig genutzt

von Redaktion

Viele Kinder bedürftiger Familien bleiben weiter außen vor – Linke kritisiert „Flickschusterei“

Berlin – Kinder und Jugendliche in Familien mit geringem Einkommen können sich freuen: Zum 1. August werden die Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket verbessert und bürokratische Hürden für ihren Bezug gesenkt. Offenkundig ist das auch dringend notwendig, denn nur die wenigsten Anspruchsberechtigten machen bislang davon überhaupt Gebrauch. Das zeigen Zahlen der Bundesregierung, die unserer Zeitung vorliegen.

Den Daten zufolge gab es im vergangenen Jahr gut zwei Millionen Kinder und Jugendliche, die von den staatlichen Zuschüssen für Nachhilfeunterricht, Fahrtkosten zur Schule oder ein warmes Mittagessen hätten profitieren können. Im Mai, einem für die Inanspruchnahme der Leistungen typischen Monat, nutzten aber nur rund 600 000 von ihnen solche Angebote. Bei der Lernförderung etwa waren es knapp 77 000 und bei den Fahrtkosten lediglich 51 000. Auch in den drei Jahren davor schwankte die Gesamtzahl der Nutzer jeweils im Monat Mai zwischen knapp 500 000 und 600 000. Deutlich erhöht hat sich diese Zahl nur jeweils im August, in dem in der Regel das Schulbedarfspaket für Schreibmaterial, Schultasche und Sportzeug in Anspruch genommen wird. Zu Schuljahresbeginn stieg die Zahl der Nutzer in den Jahren 2015 bis 2018 auf je mehr als 1,1 Millionen.

Unter dem Strich werden die angebotenen Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets bisher also nur von etwa der Hälfte aller Anspruchsberechtigten genutzt. Lässt man das Schulbedarfspaket unberücksichtigt, ist es weniger als ein Drittel. Für die Sozialexpertin der Linken, Sabine Zimmermann, ist das keine Überraschung: „Es bleibt der Geburtsfehler des Bildungs- und Teilhabepakets, dass es statt einer realitätsgerechten Förderung nur kleinliche und bürokratische Einzelleistungen auf Antrag bietet, die allenfalls das verfassungsrechtliche Minimum erfüllen.“ Wer die Leistungen nicht kenne oder mit der Beantragung überfordert sei, bleibe außen vor, so Zimmermann.

Die im Rahmen des „Starke-Familien-Gesetzes“ von der Großen Koalition beschlossenen Verbesserungen sehen ab August eine Erhöhung des Zuschusses für das Schulbedarfspaket von 100 auf 150 Euro im Schuljahr vor. Gleichzeitig fallen die Elternanteile für die Mittagsverpflegung in Schule oder Kita und für die Fahrtkosten der Schüler weg. Darüber hinaus wird die Pauschale für die soziale und kulturelle Teilhabe, wie etwa eine Mitgliedschaft in einem Sportverein, von zehn auf 15 Euro im Monat erhöht. Bei Ausgaben für Schulausflüge muss kein Antrag mehr gestellt werden, es reicht ein Kostennachweis. Außerdem wird der Nachhilfeunterricht auch dann gefördert, wenn keine Versetzungsgefährdung vorliegt.

Nach Einschätzung Zimmermanns werden die Verbesserungen allerdings kaum zu einer deutlich stärkeren Inanspruchnahme der Leistungen führen. So sei etwa die Erhöhung der Pauschale zur Freizeitgestaltung von zehn auf 15 Euro „lächerlich gering“, meint sie. Statt eines „notdürftig geflickten Bildungs- und Teilhabepakets“ sei eine Kindergrundsicherung notwendig, bei der die Ausgaben für Bildung lebensnah berechnet sein müssten, erklärte die Linken-Politikerin. STEFAN VETTER

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