ALEXANDER WEBER
Es war der Wünsch-Dir-was-Tag der Ursula von der Leyen. Ihre Bewerbungsrede zur EU-Kommissionspräsidentin hatte nur ein taktisches Ziel: die magische Zahl von 374 Abgeordnetenstimmen im Europäischen Parlament zu erreichen. Und so lehnte sich die deutsche Christdemokratin weit aus dem politischen Fenster, um Zustimmung auf möglichst vielen Seiten des Hauses – außer der extremen Rechten – zu ergattern. Das Ziel eines klimaneutralen Europas bis 2050 für die Grünen, gleiche Zahl von Männern und Frauen in der Kommission für die Liberalen, europäische Mindestlöhne sowie eine europäische Arbeitslosenrückversicherung für die Sozialdemokraten – manches in ihrem Potpourri-Programm wurde in der EVP-Fraktion nach dem Motto hingenommen, es werde nicht alles so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Deren bayerischer Chef Manfred Weber machte jedenfalls geschickt klar: volle Unterstützung für die Wahl von der Leyens, aber inhaltlich gilt das, was man den Bürgern im Wahlkampf versprochen hatte.
Wichtig ist, dass man in Brüssel aus dem Debakel des Berufungsverfahrens für die Juncker-Nachfolge jetzt die richtigen Lehren zieht: Europäischer Rat und Parlament müssen sich vor der Wahl 2024 auf ein Procedere einigen, das den Bürgern tatsächlich die Wahl zwischen mehreren Bewerbern garantiert. Man kann den Beleidigten spielen wie die deutschen Sozialdemokraten im EU-Parlament, die aus Prinzipienreiterei sogar gegen die eigene Landsfrau stimmten. Aber viel wichtiger ist es nun, nach vorne zu schauen. Auch für Ursula von der Leyen. Im Brüsseler Spitzenjob muss sie bessere Ergebnisse liefern, als sie es bei der Bundeswehr zu leisten vermochte.
Alexander.Weber@ovb.net