Rom – Wieder ein Wahlabend, an dem die dunkelblaue Säule der Rechten immer weiter in die Höhe klettert, während der rote Balken stagniert und der gelbe schrumpft. Die Farben stehen für die Lega, für den noch immer traumatisierten sozialdemokratischen Partito Democratico und die einst so strahlende Fünf-Sterne-Bewegung, die immer öfter auf den dritten Platz zurückfällt. Beim Urnengang in der südlichen Region Basilikata zeigte sich erneut: Ein gutes Jahr nach den letzten Parlamentswahlen, bei denen die Populisten an die Macht gespült wurden, hat sich die politische Landschaft Italiens entscheidend verändert.
Dabei gibt es einen klaren Gewinner: Die rechtsextreme Lega ist auf ihrem langen Marsch vom industriell geprägten Norden in den strukturschwachen Süden Italiens zur Volkspartei geworden. Es ist ein Phänomen, das auf den ersten Blick ziemlich widersprüchlich erscheint. Vor rund 30 Jahren gründete sich in der Lombardei ein seltsames Grüppchen, das von einer Abspaltung des reichen Nordens vom Rest des Landes schwadronierte. Sie entnahmen Quellwasser des Po und tauften ihren Phantasiestaat „Padanien“. In Rom wurden sie als Folkloretruppe belächelt, bis nach dem Zusammenbruch der ersten Republik Anfang der 90er-Jahre Silvio Berlusconi an die Macht stürmte. Seine Forza Italia brauchte die Lega Nord als Mehrheitsbeschaffer im Parlament, der Medienmagnat päppelte die Separatisten auch finanziell. Einfach war das Verhältnis trotzdem nie.
Dann versank der schillernde Lega-Gründer Umberto Bossi in einem ruinösen Korruptionsstrudel. Als ihm der energische Matteo Salvini die Parteiführung entrang, schien die Lega Nord bereits Geschichte. Salvini aber packte die Gelegenheit beim Schopf. Die ramponierte Regionalpartei baute er mit seinen Gefolgsleuten konsequent zu einer rechtsnationalen, landesweiten Formation um. Das ausgrenzende „Nord“ wurde aus dem Parteinamen getilgt, ebenso verschwanden separatistischer Klamauk und abfällige Bemerkungen über den Süden. Stattdessen machte sich Salvini, ein Meister der Selbstinszenierung, an die Eroberung der Mitte.
Seine Strategie hat Erfolg. Ausgerechnet jene Regionen, in denen bislang die Fünf-Sterne-Bewegung das Protestpotenzial abfischte, schwenken nun zur Lega um. Die Sozialdemokraten bleiben auf der Strecke. „Salvini, der Unausweichliche“ oder „der heimliche Regierungschef“, so nennen ihn die Medien.
In seiner dreifachen Rolle als Innenminister, Vizepremier und Anführer der Lega verfügt der 46-Jährige in Rom schon jetzt über eine Machtfülle wie zuletzt nur Silvio Berlusconi zu seinen Glanzzeiten. Trotz seines Triumphzugs gibt sich Salvini gegenüber dem Koalitionspartner loyal. „Mein Ausblick richtet sich auf die restlichen vier Jahre der Legislaturperiode“, beruhigt er die hochnervösen Kollegen. „Daran ändern auch all unsere schmeichelhaften Erfolge nichts.“
Tatsächlich hat er momentan wenig Grund, seine komfortable Situation zu ändern; schließlich sehen Umfragen die Lega bei gut 36 Prozent, die 5 Sterne bei nur knapp über zwanzig. Die fürchten vorgezogene Neuwahlen derzeit wie der Teufel das Weihwasser. Sollte das Bündnis platzen, hieße der nächste Regierungschef nach Stand des italienischen Wahlrechts ohnehin Matteo Salvini. Europa sollte sich besser drauf einstellen.