München – Der Satz kommt wie eine Selbstverständlichkeit daher, aber es steckt Wucht in ihm. „Wir erwarten von unseren großen Partnern, dass sie die Einheit der EU wie auch die Werte, die sie tragen, respektieren.“ Er ist so etwas wie die Kernbotschaft des französischen Präsidenten Emmanuel Macron an seinen Gast, Chinas Staatschef Xi Jinping. Lass uns Partner sein – aber treib’ keine Spielchen mit uns.
Xi lächelt dazu, wie immer. Dabei ist sein Frankreich-Besuch der anstrengende Teil seiner Europareise. Sie begann kuschelig, in Italien, das sich bei der Gelegenheit als erster G 7-Staat dem chinesischen Seidenstraßen-Projekt anschloss. Das stieß gerade in Paris und Brüssel auf Kritik. Xi, so die Angst, wolle die EU spalten, um einen einheitlichen Kurs gegenüber China zu verhindern.
Um den ringt man in Brüssel gerade, vor allem angesichts der Seidenstraße. Sie ist nämlich nicht nur ein Wirtschafts-, sondern auch ein Machtprojekt. Die EU hat lange erstaunt zugesehen, wie Peking Häfen in Südeuropa kaufte, Bahnlinien in Asien und Afrika baute und Millionen-Kredite an arme Staaten vergab. Das Seidenstraßen-Netz wächst und mit ihm der politische Einfluss Pekings in der Welt.
Brüssel versucht erst jetzt gegenzusteuern. Kürzlich veröffentlichte die EU-Kommission ein Papier, in dem zehn mehr oder weniger konkrete Maßnahmen im Umgang mit China formuliert sind. Außerdem wird das Land darin nicht nur als Wirtschafts-Partner, sondern als Systemrivale bezeichnet, der auch eine Alternative zur liberalen Demokratie exportieren wolle. Das gab es so noch nicht.
Partner und Rivale – bei Xis Paris-Besuch schwingt beides mit. Bei dem gut einstündigen Treffen sind auch Kanzlerin Angela Merkel und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker dabei. Merkel und Xi sprechen im Anschluss noch mal 45 Minuten unter vier Augen. Hinterher ist man sich trotz aller Bedenken einig: Es braucht eine engere Zusammenarbeit, Isolation oder Abschottung helfen am Ende nicht.
Auch Xi spricht von Respekt und Fairness. Davon, dass China und Europa angesichts globaler Herausforderungen in einem Boot säßen. Die Beziehungen entwickeln sich seiner Ansicht nach stabil, man kooperiere enger als früher. Dabei fragt sich, ob er unter Fairness und Kooperation dasselbe versteht wie Merkel und Macron. Die Kanzlerin mahnte erst vergangene Woche an, intensivere Handelsbeziehungen müssten auf gegenseitigem Marktzugang beruhen.
Es ist vor allem Macron, der bei dem Pariser Treffen das Große und Ganze im Blick hat. Europa müsse geschlossen gegenüber China auftreten, befindet er. „Wir wollen gemeinsam einen erneuerten multilateralen Rahmen schaffen, der gerechter und ausbalancierter ist.“ Aber wie ist das noch zu schaffen, jetzt, da China längst einen Fuß in Griechenland, Ungarn und nun auch Italien hat?
Am 9. April wollen sich die EU und China zu einem Gipfel treffen. Merkel hat zudem angekündigt, Deutschland wolle im September 2020 während der deutschen EU-Präsidentschaft einen Gipfel ausrichten, an dem alle EU-Mitglieder und China teilnehmen sollten. Sie hoffe, dass bis dahin auch eine aktive Rolle der EU in der wichtigen Seidenstraßen-Initiative Chinas begonnen habe. Es wäre höchste Zeit. mit dpa