Tödliche Schüsse in der Straßenbahn

von Redaktion

War es ein Terroranschlag oder eine Beziehungstat? Unvermittelt schießt ein Mann in einer Straßenbahn in Utrecht am Montagmorgen auf Fahrgäste. Drei Menschen kommen ums Leben, fünf werden verletzt. Am Abend wird der mutmaßliche Täter verhaftet.

VON C. DRIESSEN, M. EVERS, S. WEIMER UND H. MEHLIG

Utrecht – Der Mann der das niederländische Utrecht gestern in Angst versetzte, ist polizeibekannt. Im Dezember 2013 wurde der gebürtige Türke Gökmen Tanis wegen versuchten Mords verurteilt, vor zwei Wochen begann eine Verhandlung wegen eines Vergewaltigungsvorwurfs. Darüber hinaus wurde er wegen Ladendiebstahls, Sachbeschädigung und Beleidigung vor Gericht gestellt. Gestern soll der 37-Jährige in einer Straßenbahn in der niederländischen Großstadt Utrecht drei Menschen erschossen haben. Fünf weitere Fahrgäste wurden verletzt, drei von ihnen befanden sich in kritischem Zustand, teilte die Polizei mit.

Nach Angaben der Polizei fielen die Schüsse gegen 10.45 Uhr. Der Vorfall ereignete sich im Westen der Stadt, etwa einen Kilometer entfernt von der Altstadt. Am Abend wurde der Hauptverdächtige dann bei einer Wohnungsdurchsuchung in Utrecht festgenommen. Doch was war sein Motiv? Die Polizei hält bis gestern Abend einen Terrorakt, aber auch eine Beziehungstat für möglich.

Zunächst hatte Utrechts Bürgermeister Jan van Zanen in einer Videobotschaft gesagt: „Wir gehen von einem terroristischen Motiv aus.“ Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte sprach von einem „Anschlag“. Am Nachmittag sagte dann Polizeisprecher Bernard Jens dem niederländischen Rundfunk: „Es könnte auch sein, dass es eine Beziehungstat ist.“ Und Rutker Jeuken vom Innenministerium am Abend: „Im Augenblick denken wir, dass es terroristisches Motiv sein könnte, aber wir können auch anderes nicht ausschließen.“

Nach dem Angriff hatte die zuständige Behörde bereits die höchste Terrorwarnstufe für die Provinz ausgerufen, die am Abend aber wieder etwas herabgestuft wurde. In Deutschland hatte die Bundespolizei an der Grenze zu den Niederlanden daraufhin ihre Kontrollen an Straßen und in Zügen verstärkt. Rutte sagte: „Wir werden nie vor Intoleranz weichen.“ Gewalt habe Unschuldige getroffen.

Im Zusammenhang mit der Tat wurde nach Angaben der Polizei auch ein zweiter Verdächtiger festgenommen. Es sei aber unklar, inwieweit er beteiligt gewesen sei. Der Vorwurf laute auf Verdacht des Totschlags mit einem terroristischen Motiv.

Von Zeugen gab es unterschiedliche Hinweise zu der Tat. Augenzeuge Daan Molenaar erklärte im Radio, nach seinem Eindruck habe es der Täter gezielt auf eine Frau abgesehen gehabt. Andere Zeugen wollen dagegen gehört haben, dass vier Männer „Allahu Akbar“ (Gott ist groß) bei der Tat gerufen hätten, wie die Amsterdamer Zeitung „Het Parool“ berichtete. Eine Sprecherin der Polizei sagte dazu der Deutschen Presse-Agentur: „Das können wir nicht bestätigen.“ Rutte sagte am Abend: „Es gibt viele Fragen und Gerüchte.“

Die Hinweise auf eine mögliche Beziehungstat mehrten sich aber. Nach Informationen des niederländischen Fernsehens vernahm die Polizei den Bruder des 37-Jährigen, ohne dass Details bekannt wurden. Die staatliche türkische Nachrichtenagentur Anadolu berichtete unter Berufung auf Verwandte von Tanis, dass er in der Straßenbahn auf eine Frau wegen einer Familienangelegenheit geschossen habe. Dann habe er das Feuer auf die Menschen eröffnet, die der Frau hätten helfen wollen.

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