Berlin – Es geht um die Sorgen vieler Menschen vor Armut im Alter – und ein Signal der Anerkennung. Bundessozialminister Hubertus Heil hat sein Konzept für eine „Grundrente“ auf den Tisch gelegt und will damit ein zentrales Versprechen der Großen Koalition auf den Weg bringen. „Lebensleistung verdient Respekt“, lautet eine ministerielle Botschaft. Dabei ist nicht nur offen, wie das Ganze finanziert werden soll.
Wo ist das Problem?
Viele Menschen landen nach einem langen Arbeitsleben mit niedrigen Löhnen als Rentner in der Grundsicherung, also der Sozialhilfe. Diese Ungerechtigkeit wolle er ändern, sagte Heil der „Bild am Sonntag“. Denn wer Jahrzehnte gearbeitet habe, habe das Recht, mehr zu bekommen als jemand, der nicht gearbeitet habe.
Wie soll die Grundrente funktionieren?
Im Kern sollen kleine Renten per Zuschlag erhöht werden – und zwar automatisch berechnet durch die Rentenversicherung ohne extra Prüfung der Bedürftigkeit. Voraussetzung sind mindestens 35 Jahre Einzahlung in die Rentenkasse. Auch Teilzeit, Kindererziehungs- und Pflegezeiten zählen mit, allein Minijobs reichen aber nicht. Generell gilt: Wer nach genau 35 Beitragsjahren weniger als 896 Euro Rente hat, bekommt einen Zuschlag. Beschäftigte, die immer nur Mindestlohn verdienten, sollen die maximale Aufwertung von 447 Euro erhalten. Die Friseurin mit 40 Jahren Mindestlohn käme also auf 961 statt 514 Euro Rente. Bei einer alleinerziehenden Krankenschwester in Teilzeit mit zwei Kindern ergäbe sich ein Renten-Sprung von 860 auf 1000 Euro.
Wer soll das bezahlen?
Die Kosten sind noch nicht klar. Heil rechnet mit einem mittleren einstelligen Milliardenbetrag pro Jahr. Und sagt lieber auch gleich dazu, dass das „ein finanzieller Kraftakt“ werde. Klar sei aber, dass die Grundrente ihren Namen auch verdienen müsse. „Wir dürfen uns keine Placebo-Politik leisten.“ Dem Minister schwebt denn auch eine Finanzierung aus Steuermitteln des Bundeshaushalts vor, der schon fast 100 Milliarden Euro jährlich in die Rente pumpt. Profitieren sollen drei bis vier Millionen heutige und künftige Rentner – davon wohl drei Viertel Frauen, und viele Menschen in Ostdeutschland mit verbreitet niedrigeren Löhnen.
Wie geht es weiter?
Das Ziel hat Heil abgesteckt: Spätestens am 1. Januar 2021 soll die Grundrente kommen. Doch der Streit ging schon am Wochenende los. „Wir verteilen Geld nicht mit der Gießkanne, sondern helfen gezielt demjenigen, der zu wenig Rente hat“, hielt Unions-Sozialexperte Peter Weiß (CDU) fest. Tatsächlich ist im Koalitionsvertrag ausdrücklich eine Bedürftigkeitsprüfung festgeschrieben, auf die Heil aber ebenso ausdrücklich verzichten will. Ergänzend will er auch einen Freibetrag beim Wohngeld erreichen, damit diese Zahlungen nicht im Gegenzug zu einer höheren Grundrente verloren gehen. Federführend hierfür: Bundesbauminister Horst Seehofer (CSU).