„Wir wenden uns angeekelt ab“

von Redaktion

Ärger über AfD-Eklat bei Feierstunde im Landtag – Teile der Fraktion verlassen den Saal

München – Um 10.51 Uhr hält es AfD-Fraktionschefin Katrin Ebner-Steiner nicht mehr auf ihrem Platz im Landtag. Knapp 45 Minuten lang hat sie reglos an der Gedenkfeier für die Opfer der Nationalsozialisten teilgenommen. Kerzengerade sitzend, mit starrem Blick, ohne erkennbare Mimik hört sie Reden und Musikbeiträge. Dann kommt Charlotte Knobloch.

Knobloch erinnert wie ihre Vorredner an die bis heute unfassbaren Verbrechen der Nazis, an den Zivilisationsbruch, den millionenfachen Mord, den Hass und Rassenwahn mitten in einer Demokratie. Und die 86-Jährige warnt vor einer Rückkehr des Antisemitismus in Deutschland. Kalkuliert wählt sie dann Worte gegen die AfD: „Diese sogenannte Alternative für Deutschland gründet ihre Politik auf Hass und Ausgrenzung und steht nicht nur für mich nicht auf dem Boden unserer demokratischen Verfassung.“

Der Satz ist kaum verhallt, da steht Ebner-Steiner auf; und nach ihrem Nicken auch der Großteil der 21 anderen AfD-Abgeordneten. Mit Kopfschütteln verlassen sie den Saal, kommen erst nach Knoblochs Rede wieder. Trotzdem hören sie noch beim Rausgehen den großen Applaus, den praktisch alle anderen Gäste der Gedenkfeier Knobloch spenden, einzig die im Saal verbliebenen AfD-Abgeordneten sind still.

„Ich möchte nicht, dass diese Gedenkveranstaltung instrumentalisiert wird, um gegen politisch Andersdenkende zu schießen“, sagt Ebner-Steiner später. Gedenktage wie dieser sollten in Stille begangen werden und nicht zur Hetze missbraucht gegen jene, die eine andere politische Meinungen vertreten. Eine so unsachliche und respektlose Behandlung müsse sich die AfD nicht bieten lassen.

Auch Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) hatte die AfD – indirekt – kritisiert, als sie dem Thüringer AfD-Hardliner Höcke, einem Vertrauten von Ebner-Steiner, vorwarf, „blind vor Vergangenheit und Zukunft“ zu sein.

Offen ist, ob die AfD sich gezielt auf das Verlassen des Saals vorbereitet hat, also einen Eklat einkalkuliert hat. Mehrere Abgeordnete anderer Fraktionen deuten das an, verweisen auf angeblich vorbereitete Statements der AfD in sozialen Medien. Auch Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ist wenig überrascht ob der demonstrativen Empörung: „Das Verhalten einzelner AfD-Abgeordneter war respektlos. Es entlarvt und zeigt den wahren Charakter. Echte Demokraten hätten sich anders verhalten.“ Der Freie Wähler Fabian Mehring sagt, „schockiert und angeekelt“ wende man sich von dieser Fraktion ab. Der Eklat zeigte allerdings auch, dass die AfD-Fraktion selbst gespalten ist. Denn immerhin blieben mehrere Abgeordnete sitzen, darunter der zum gemäßigten Flügel zählende Co-Fraktionschef Markus Plenk sowie Raimund Swoboda und Uli Henkel.

Der letzte Redner der Gedenkveranstaltung war Abba Naor, Überlebender der Außenlager des KZ Dachau: „Ich habe gelernt, die Menschen nicht mehr zu hassen, sondern zu lieben“, sagt er. Mit Hass zu leben mache keinen Sinn. M. HADEM / M. LATZ

Artikel 13 von 14