Washington – Donald Trump befindet sich gerade einmal zwei Jahre im Amt – und schon scharren die ersten Demokraten mit den Hufen, wenn es darum geht, den Präsidenten in 2020 herauszufordern. Spätstarter haben gewöhnlich schlechte Chancen, müssen sie doch im Eiltempo eine Basis-Organisation in den wichtigsten Bundesstaaten aufbauen – und ein Spender-Netzwerk etablieren. Wer 2020 gewinnen will, muss sich also schon dieses Jahr profilieren. Am Ende entscheidet auch die „Wählbarkeit“ – die US-Bürger scheinen bei ihrer Stimmabgabe jene Kandidaten zu bevorzugen, denen sie am Ende auch gute Endsieg-Chancen einräumen. Ein Überblick.
Joe Biden (76), Ex-Vizepräsident. Acht Jahre lang war er unter Barack Obama zweitmächtigster Mann im Staate. Profilieren konnte er sich in dieser Zeit angesichts des an geteilter Macht wenig interessierten Obama nicht – das typische Schicksal eines Vizepräsidenten. Doch auf der Habenseite steht für Biden, dass er aus seiner Zeit als Senator über enorme Erfahrung und Detailkenntnis als Innen- und Außenpolitiker verfügt – ein krasser Gegensatz zu Trump, der Memoranden hasst und am liebsten improvisiert. Biden könnte den Staatsmann geben, den so gut wie alle Demokraten und auch Wechselwähler bei Trump vermissen. Der als moderat geltende Biden will nächsten Monat bekannt geben, ob er den Anlauf auf die Präsidentschaft versucht – diesmal mit durchaus guten Chancen.
Elizabeth Warren (69). Seit 2013 sitzt die Harvard-Juristin im Senat und hat unlängst mit der Gründung eines Wahl-Komitees ihre Absichten erkennen lassen. Sie versucht mit den sozialen Unterschieden im Land zu punkten, aber leidet unter einer Art Fehlstart. Denn nachdem Warren einst sagte, sie stamme von amerikanischen Ureinwohnern ab, gingen ihr öffentlich formulierte Zweifel Trumps so unter die Haut, dass sie einen Gentest veranlasste. Dieser zeigte, dass sie – viele Generationen zurück – zwar auch indianische Wurzeln in der Abstammung hat, diese jedoch eher als minimal einzuschätzen sind. Vertreter der Ureinwohner werfen Warren nun vor, sich überhaupt auf einen Test eingelassen zu haben. Da Warren zudem Mühe hat, aufgrund ihrer dünnen Stimme wirkungsvoll öffentliche Reden zu halten, ist sie für die breite Mitte der US-Bürger wohl nicht mehrheitsfähig.
Beto O‘Rourke (46). Die Begriffe „charismatisch“ und „begeisternd“ beschreiben wohl am besten den Shooting-Star des letzten Jahres. Zwar verlor der Texaner bei den Kongresswahlen knapp gegen das republikanische Urgestein Ted Cruz. Doch er kann Hallen füllen, kommt bei Latinos gut an und wird von US-Medien als „weißer Obama“ betitelt. Seit einigen Tagen halten sich Gerüchte, dass Joe Biden und Beto O’Rourke als „Tandem“ antreten könnten. Er könnte aber auch selbst das „Oval Office“ anstreben. Der als progressiv geltende O’Rourke hätte nach Ansicht von Parteiinsidern keine Probleme, die notwendigen Gelder für eine Kandidatur einzusammeln. Und allein das macht ihn für die Mitbewerber gefährlich – zumal auch das Alter für ihn spricht. Hillary Clinton (71). Wer die 2016 gescheiterte Ex-Außenministerin kennt, hat das Gefühl, dass sie es noch einmal – ein allerletztes Mal – wissen will. Denn schließlich dürfte ihr Sonderermittler Robert Mueller in Kürze mit seinem Ermittlungsbericht den Schlachtruf liefern: „Trump und die Russen haben die Wahl gestohlen“. Das klingt zwar merkwürdig aus dem Mund einer Politikerin, die vor drei Jahren die Parteiführung gegen Mitbewerber Bernie Sanders intrigieren ließ und sich so Vorteile bei den Vorwahlen verschaffte. Doch die Clintons hat der schmutzige Schnee von gestern noch nie gestört. Ob der Russen-Faktor 2020 reicht, wenn sie noch einmal antreten sollte? Bernie Sanders (77). Zu einem Zeitpunkt, wo Jung-Parlamentarier wie Alexandria Ocasio-Cortez aus der Bronx sozialistische Thesen wieder aufgewärmt servieren, könnte auch Sanders – dessen Kandidatur als sicher gilt – eine Renaissance erleben. Er steht für Mindestlohn, eine Krankenversicherung für alle und natürlich gegen den Klimawandel. Der größte Negativfaktor: Sein Alter und sein mangelnder Zugang zu Wählern aus Minderheiten.
Außerdem: Der 76-jährige New Yorker Milliardär Michael Bloomberg träumt alle Jahre wieder vom Weißen Haus. Auch er will im Februar eine Entscheidung treffen. Bald äußern müssen sich auch die Mitglieder des US-Senats, denen Ambitionen nachgesagt werden: Amy Klobuchar aus Minnesota, die allerdings kaum nationalen Wiedererkennungswert besitzt, und der glatzköpfige Cory Booker aus New Jersey. Ihre Kollegin Kirsten Gillibrand aus New York und die schwarze Kamala Harris aus Kalifornien, Wortführerin gegen Trumps Richterkandidaten Brett Kavanaugh, haben ebenso bereits die Kandidatur erklärt wie Julian Castro, eine Zeit lang unter Obama Minister für Wohnungsbau und Entwicklung, und die Kongressabgeordnete Tulsi Gabbard aus Hawaii. Sie alle gelten im Vergleich zu Biden, Sanders und Clinton eher als „B“-Besetzung mit großen Ambitionen, aber realistisch gesehen eher geringen Chancen.
Am Ende, so schätzen Beobachter, könnten sich 2020 bis zu 20 Bewerber im Haifischbecken der Demokraten tummeln – Donald Trump macht’s möglich.