WIE ICH ES SEHE

Unser Chef? Ist das der von der Weihnachtsfeier?

von Redaktion

Wie jedes Jahr starten jetzt vor den besinnlichen Weihnachtstagen die firmeninternen Weihnachtsfeiern. Man merkt es schon daran, dass im Stammlokal des Viertels für ein normales Abendessen kein Tisch mehr zu bekommen ist. Größere Betriebe lassen sich in der weihnachtlich-festlich ausgeschmückten Kantine oder in angemieteten Festsälen richtig viel einfallen, um alle prächtig zu unterhalten.

Natürlich ist in Deutschland streng geregelt, was ein Betrieb für eine Weihnachtsfeier ausgeben darf pro Person. Der Steuerfiskus hat es schon geschafft, für so etwas Schlichtes wie den Verkauf von Weihnachtsbäumen vier unterschiedliche Mehrwertsteuersätze zu erfinden. Er beobachtet auch die Weihnachtsfeiern mit Argusaugen. Dabei ist das Geld, das die Betriebe hier ausgeben, in jedem Fall gut angelegt. Die gelungene Weihnachtsfeier fördert den Kontakt untereinander, verbessert somit das Betriebsklima und damit die Produktivität des ganzen Unternehmens. Da, wo man sich gegenseitig kennt und sich als Team sieht, lässt sich viel erfolgreicher arbeiten.

Wir haben unsere Feier schon hinter uns. Die aktuelle Geschäftsleitung hat sich dazu in diesem Jahr entschlossen, nicht die übliche und oft auch etwas steife Ansprache von Junior- wie Senior-Chef an den Anfang zu stellen, sondern Drinks und ein Menü voller Köstlichkeiten.

Die Kleidung ging von smart casual bis ausgesprochen schick, so, wie man eben eine Spielbank betritt. Denn acht elegante Roulettetische waren aufgebaut, an denen jeder sein Glück versuchen konnte. Wenn auch nur mit Spielgeld gespielt wurde, konnte man doch schöne Prämien gewinnen. Da noch eine flotte Kapelle zu heißen Tänzen einlud, muss man sich nicht wundern, dass der Abend für einige Beteiligte bis weit nach Mitternacht dauerte.

In Betrieben, wo man im Allgemeinen noch beim „Sie“ untereinander ist, gibt so eine Feier reichlich Anlass, zur vertrauteren Anrede überzugehen. Geschieht dies zu später Stunde, leicht alkoholisiert, dann ist es am nächsten Morgen auch kein Problem, wenn der gestandene Abteilungsleiter dann wieder zum „Sie“ mit seiner charmanten Mitarbeiterin wechselt. Der „Flurfunk“ hat sowieso genug zu berichten. Denn natürlich ist die Weihnachtsparty auch ein ganz besonderes Flirtrevier.

Gutes Benehmen zahlt sich auch hierbei allemal aus, aber kein Wunder, wenn dann manche sachlich-betriebliche E-Mail künftig mit „lieben Grüßen“ geschickt wird.

Von einer anderen Feier ist mir berichtet worden, dass die Chefs dabei sogar im Smoking aufgetreten sein sollen. Nicht aus Steifheit, sondern charmant aus Respekt vor den Mitarbeitern, vor ihren Leistungen und ihren Erfolgen in diesem Jahr. Allen Chefs, ob mit Smoking oder ohne, ist zu wünschen, dass sie, wenn nun bald die Saison all dieser Weihnachtsfeiern zu Ende gegangen ist, in ihren Betrieben dastehen als jemand, mit dem man ebenso gut arbeiten wie feiern kann.

Wäre schlimm, wenn der Chef, die Chefin, nur in Erinnerung bleiben als Redner auf der Weihnachtsfeier.

Schreiben Sie an:

ippen@ovb.net

VON DIRK IPPEN

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