CSU hat keine Zeit für Seehofer

von Redaktion

Fraktion will bei Banz-Klausur ihr Profil schärfen und über den Umgang in der Koalition beraten

München – Die kühlen Klostermauern von Banz waren zuletzt kein Ort der Herzenswärme, jedenfalls nicht zwischen der CSU und ihrem Vorsitzenden. Der großen Januar-Klausur 2018 blieb Horst Seehofer an drei Tagen komplett fern, am vierten ließ er sich nur wenige Stunden blicken. Nach seiner Rede verließ er eilig das fränkische Hügelland, dringendere Termine in München. Im Januar 2019 wird das nochmal unterboten: Die Landtagsfraktion lädt den eigenen Parteichef gar nicht erst ein.

Im Programm-Entwurf, der unserer Zeitung vorliegt, ist kein einziger Auftritt des CSU-Chefs und Bundesinnenministers vorgesehen. Das ist in der jüngeren CSU-Geschichte eine Premiere. Zumal Seehofers Leute den Termin freigehalten hatten. Die viertägige Klausur vom 14. bis 17. Januar in Banz findet ja unmittelbar vor dem Münchner CSU-Parteitag am 19. Januar statt, bei dem Seehofer sein Amt zur Verfügung stellt. Er hätte sich von „seiner“ Fraktion hier gebührend verabschieden können. Statt dessen dürfte das der Höhepunkt der Entfremdung zwischen den Abgeordneten und dem Ex-Ministerpräsidenten sein.

Wer keine bewusste Brüskierung darin sehen will, der kann andere Motive finden. Die Landtags-CSU will ihre Klausur stärker auf landespolitische Themen fokussieren und vom ewigen Asyl-Thema ein Stück wegkommen. Eine „Klausur im klassischen Sinn“, heißt es in München, Besinnung auf Standpunkte und Schwerpunkte zu Beginn der Legislaturperiode. Immerhin findet sich die CSU in einer Koalition mit den Freien Wählern wieder, die in vielen Fragen ähnlich wertkonservativ denken.

Will die CSU trotz Bündnis Profil und Kanten zeigen, auch mal außerhalb der Kabinettsdisziplin, muss dieser Antrieb aus der Landtagsfraktion kommen. Ihr Chef Thomas Kreuzer will seine Abgeordneten entsprechend aufstellen und motivieren.

Die Gäste sind diesmal weniger auf Showeffekt ausgelegt, keine im Hubschrauber einfliegenden Staatschefs wie früher, als die Fraktion noch in Kreuth tagte. Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher hat zugesagt. Ziel: ein Signal für ein Europa der Regionen statt einem Kontinent der Hauptstadt-Eliten. Zur Europapolitik redet auch CSU-Vize Manfred Weber. Der FC-Bayern-Manager Stefan Mennerich wird intern über die Kommunikation einer großen Marke referieren. „Bild“- Chefredakteur Julian Reichelt will mit der Spitze der Fraktion über Journalismus-Trends reden.

Aus Berlin rückt der neue Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) an, dessen überraschende Wahl im September die Merkel-Dämmerung beschleunigte (allein dafür werden ihn die CSU-Abgeordneten mögen). Ihn begleitet Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Spannungsreich könnte der Austausch mit Verkehrsminister Andreas Scheuer werden. Der Parteifreund war im Oktober bei einem Auftritt im Münchner Kabinett mit Ministerpräsident Markus Söder in der Debatte um die Diesel-Nachrüstung aneinandergeraten.

Söder selbst bestimmt den Schlussakkord der Klausur mit einer Grundsatzrede. 2018 legte er hier die meisten Pläne für seine Regierungszeit offen, es war ein ziemlicher Rumms. Diesmal wird es wohl für ihn der Auftakt zum Parteitag zwei Tage später, auf dem er zu Seehofers Nachfolger gewählt werden soll. Da sehen sie sich dann auch wieder aus der Nähe. CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

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