Ein Jahr Kanzler Kurz

Teilerfolg des Hoffnungsträgers

von Redaktion

CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

Die Strahlkraft des jungen Sebastian Kurz, Volksheld der Konservativen Europas, überdeckte viel. Dass er 2017 mit knapp über 30 Prozent ein bei Licht betrachtet mäßiges Ergebnis einfuhr (da holt sogar die CDU Schleswig-Holstein mehr); oder dass er mit der 26-Prozent-FPÖ eine in Teilen radikal rechte Partei in die Regierung holte. Nach einem Jahr hat sich einiges von der Aufregung um den österreichischen Kanzler gelegt. Umso interessanter ist: Im Alltag regiert er offenkundig recht erfolgreich.

Kurz hat nicht alle Ziele erreicht; das unausgesprochene, die FPÖ wieder kleiner zu machen, ist zum Beispiel noch offen. Seine eigenen Werte steigen aber. Kurz liefert mit seiner reformierten ÖVP eine in mehreren Punkten überzeugende Blaupause, wie sich eine moderne konservative Partei inhaltlich aufstellen muss. Er verfolgt ohne eigene schrille Töne eine konsequente Migrations- und Integrationspolitik, fordert mehr, redet weniger. Die politischen Schwerpunkte verlagert er schrittweise auf Themen wie Pflege und Steuergerechtigkeit. Gleichzeitig setzt er mit dem Plastiktüten-Verbot eine enorm symbolträchtige „grüne“ Entscheidung durch. Zum Vergleich: Bei Steuerreform und Ökologie schreitet er schneller voran als die CSU im benachbarten Bayern.

Freilich: 2019 naht eine Stolperfalle. Kann Kurz sich mit seiner proeuropäischen Ausrichtung gegen den europafeindlichen Kurs des Partners FPÖ behaupten? Ein Erfolg wäre ein willkommener Beleg dafür, dass seriöse, aber moderne Volksparteien mitnichten tot sind.

Christian.Deutschlaender@ovb.net

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