Mittelmeer-Mission: EU droht neuer Ärger mit Italien

von Redaktion

„Sophia“-Einsatz läuft Ende des Monats aus – Regierung in Rom sträubt sich gegen eine Verlängerung

Rom – Kaum ist in den Budgetstreit mit Brüssel ein wenig Ruhe eingekehrt, bescheren die regierenden Populisten ihren europäischen Partnern schon wieder ein neues Problem. Diesmal geht es um ein weiteres Mandat für die 2015 auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise von der EU beschlossene Militäraktion zur Verfolgung der Schlepperbanden und Rettung von schiffbrüchigen Migranten.

Wieder mal ist es Vizepremier und Lega-Chef Matteo Salvini, der den Stein ins Rollen bringt. Seine Ansage vor dem „Schengen-Komitee“ war klar: „Es bleibt bei unserem Nein zu einem Verfahren, das die Verbringung geretteter Flüchtlinge allein in italienische Häfen vorsieht.“ Trotz Italiens Forderungen nach einer Änderung der Regeln gebe es in den laufenden Verhandlungen bisher keine wesentlichen Fortschritte: „Ohne Berücksichtigung unserer Positionen wird es mit uns keine Fortsetzung der Mission geben.“

Die Militäroperation wurde vom EU-Ministerrat bislang zweimal verlängert. Die Vorgängerregierung in Rom unter den beiden Premiers Renzi und Gentiloni hatte stets zugestimmt. Strategisches Ziel ist in erster Linie die Eindämmung des Menschenhandels an den libyschen Küsten. Der riesige Wüstenstaat ist vom Bürgerkrieg zerrissen, die Küstenwache der von den UN anerkannten Übergangsregierung in Tripolis weitgehend wirkungslos.

Dank „Sophia“, deren Oberkommando in Rom sitzt, wurden allein im vergangenen Jahr rund 150 Schlepper verhaftet und 44 250 Flüchtlinge aus dem Wasser gezogen. Das Oberkommando befindet sich in Rom, die Einsätze werden von Italiens Küstenwache koordiniert. Auch Deutschland ist mit Militärschiffen und Marinesoldaten beteiligt.

Zum Vergleich: Im Jahr zuvor mussten noch 120 000 Menschen aus Seenot gerettet werden. Der Trend ist deutlich. Die berüchtigte zentrale Mittelmeerroute, auf der jahrelang Hunderttausende von Flüchtlingen weitgehend unkontrolliert nach Europa gelangten oder erbärmlich ertranken, ist heute weitgehend blockiert. Nach Ansicht von Experten ein klarer Erfolg der EU-Mission.

Politisch flankiert wurde das militärische Vorgehen im Mittelmeer von mühseliger Kleindiplomatie zwischen Rom und vielen libyschen Milizen, War Lords und Stammesführern. Dass dabei das Scheckbuch die Hauptrolle spielt, ist offenkundig. Die EU kümmerte sich um die afrikanischen Anrainerstaaten der Sahelzone, aus der ein Großteil der Migranten stammt. Der Maßnahmenmix scheint Früchte zu tragen. Die Ankünfte an Italiens Küsten dürften für das zu Ende gehende Jahr 2018 auf ein Minimum sinken. Die Hauptlast trägt mittlerweile Spanien.

In Brüssel wundert man sich: Warum machen Lega und Grillini jetzt dieses Fass auf, statt die Erfolge zu verkaufen? Die Antwort dürfte politischem Kalkül folgen: Das Thema Migration bringt Wählerstimmen. Mit seinem Hardliner-Image hat Parteichef Salvini seine Lega mittlerweile zur bestimmenden politischen Kraft in Italien gemacht, Tendenz steigend. Mindestens bis zur Europawahl im kommenden Jahr also muss das Thema Flüchtlinge am Kochen gehalten werden. INGO-MICHAEL FETH

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