AfD will Verfassungsschutz beobachten

von Redaktion

Im Landtag droht eine Kampfabstimmung um die Plätze im Kontrollgremium

München – Die Runde tagt so streng geheim, dass die Sitzungen nicht mal im Kalender des Landtags stehen dürfen. Handys sind auszuschalten, Notizen verbleiben im Raum. Wer gegen das Verschwiegenheitsverbot verstößt, macht sich strafbar, bis zu drei Jahre Haft drohen. Es sind ungewöhnliche Arbeitsbedingungen für das „Parlamentarische Kontrollgremium“ (PKG) – aus gutem Grund: Das Gremium überwacht, wen der Verfassungsschutz überwachen soll. Mit Akteneinsicht und Zugang zu allen Diensträumen.

In diesem sensiblen Bereich tut sich nun ein Problem auf: Am späten Dienstagnachmittag wählt der Landtag die sieben neuen Mitglieder des Gremiums, ein Sitz steht der AfD zu. Darf eine Partei, aus deren Reihen führende Mitglieder vom Verfassungsschutz beobachtet werden, selbst den Verfassungsschutz beobachten?

Die Abstimmung wird neuerlich eine Bewährungsprobe für den Umgang mit der AfD. Diesmal wird geheim und einzeln gewählt; anders als bei der Wahl eines AfD-Politikers zum Chef des Bildungsausschusses und bei der Nicht-Wahl eines AfD-Kandidaten zum Landtagsvizepräsidenten gibt es noch keine informellen Absprachen in der Koalition. Die CSU, die mit dem Oberpfälzer Rechtsanwalt Alexander Flierl den Chef des Gremiums stellen wird, hält sich bedeckt.

Die Freien Wähler wollen den AfD-Kandidaten wählen – außer es ist einer der drei Abgeordneten, die persönlich vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Die demokratisch gewählte AfD habe demokratische Mitwirkungsrechte im Parlament, sagt der Parlamentarische Geschäftsführer der Freien, Fabian Mehring. „Wir können nicht nur dann Demokraten sein, wenn es uns gefällt.“ Und als praktisches Argument: „Es macht gar keinen Sinn, denen die Opfer- und Märtyrerrolle zu geben, die sie wollen.“

Die Grünen als größte Oppositionsfraktion stellen indes klar: keine Stimme für die AfD. Im PKG, das den Verfassungsschutz kontrolliert, würden „sicherheitsrelevante Informationen ausgetauscht“, warnt Fraktionschefin Katharina Schulze. Es sei unvorstellbar, dass Abgeordnete der AfD in diesem Kontrollgremium sitzen.

Wen die AfD für das Gremium vorschlägt, ist noch offen. Als möglich gilt der Ex-Polizist Raimund Swoboda (68) aus Mittelfranken, der als Vizepräsident nicht gewählt wurde. Die Fraktion äußerte sich gestern nicht.

Weniger heikel wird die Besetzung der ebenfalls streng geheimen G10-Kommission, die jede einzelne Telefonüberwachung genehmigen muss – das sind nur drei Abgeordnete, gestellt von CSU und Grünen. Zu einer Ablehnung des AfD-Kandidaten könnte es indes beim neuen Verwaltungsrat der Landeszentrale für politische Bildung kommen, die gegen Extremismus und Radikalisierung kämpfen soll.

CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

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