CSU-Kursschwenk beim Asyl

Zügig in die Gegenrichtung

von Redaktion

GEORG ANASTASIADIS

„Aber meine Herren, es kann mich doch niemand daran hindern, jeden Tag klüger zu werden“, entgegnete Kanzler Adenauer einst Kritikern, die ihm einen Strick aus einem etwas abrupten Sinneswandel zur europäischen Armee zu drehen suchten. Ähnlich flexibel zeigt sich dieser Tage die CSU-Spitze: Innenminister Seehofer lehnt Abschiebungen straffällig gewordener Flüchtlinge nach Syrien neuerdings „kategorisch“ ab, Landesgruppenchef Dobrindt trommelt wie wild für den EU-Migrationspakt und Ministerpräsident Söder fährt dem CDU-Wahlkämpfer Friedrich Merz mit dem öffentlichen Ratschlag in die Parade, doch nicht immer nur über Asyl zu reden.

Das ist ein Schwenk hart an der Grenze zur Komik. Noch im Sommer hatten sich Seehofer, Söder und Dobrindt, die drei Lautsprecher der CSU, gegenseitig überboten in ihren Forderungen nach mehr Asyl-Härte. Jetzt sind alle Drei ebenso zügig wie synchron in die Gegenrichtung unterwegs – und geben der Kanzlerin ausgerechnet im Moment ihres erzwungenen Rückzugs Recht. Mancher Wähler reibt sich verwundert die Augen ob des Tempos, in dem sich die CSU nach ihrem wenig rühmlichen, im Vergleich zur CDU freilich noch immer akzeptablen Landtagswahlergebnis neu erfindet.

Aber es ist wie in der Fliegerei: Wer zu steile Kurven fliegt, könnte am Ende in Turbulenzen geraten. Die von Merz geforderte Asylrechtsänderung, die Söder jetzt gar nicht mehr gut findet, hatte der Franke einst selbst verlangt, und auch seinem Ruf nach mehr „Multilateralismus“ hatte er vor kurzem noch ein „nicht“ vorangestellt. Das alles klingt sehr nach Drehsöder, jedenfalls nach ziemlich viel Taktik und nicht ganz so viel Überzeugung. Ob die CSU-Oberen mit ihren Demutsgesten zu den Grünen übergelaufene Wähler zurücklocken können, ohne andere zu verlieren? Söders Markenkern war immer seine Glaubwürdigkeit bei den Themen Innere Sicherheit und Migration. Einen anderen hat er nicht.

Georg.Anastasiadis@ovb.net

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