Markus Söder hat am Dienstag eine ihm bisher unbekannte Fläche in Bayern entdeckt. Erstmals in seiner Zeit als Ministerpräsident drehte er sich vom Rednerpult des Landtags aus leicht nach links. Er erblickte dort eine Opposition. Richtete das Wort an sie. „Wir müssen einander besser zuhören“, gelobte Söder: „Ich werde mir Mühe geben.“ Ausgerechnet er, der bisher seine Reden nur für die CSU-Abgeordneten gehalten, den Rest des Parlaments ausgeblendet hatte, ruft zum Stilwechsel auf. Gut so.
Söders neuer Ton kommt spät. Das hat Gründe. Einer ist die zu lang verschleppte, unharmonische Amtsübernahme von Seehofer, nach der er die CSU-Fraktion ganz hinter sich sammeln und dann schon den Wahlkampf beginnen musste. Ein weiterer: Der Opposition links zuzuhören, Dialoge abzuhalten, ist nicht die Stärke des kantigen, ungeduldigen Söder. Seine neue Rolle verlangt das aber in Maßen von ihm. Der Ruppig-Regent muss in seiner ersten vollen Legislaturperiode Landesvater werden. Das ist einer, dessen Meinung nicht jeder Bayer teilt – 62 Prozent wählten seine CSU nicht –, aber dessen Integrität eine möglichst breite Mehrheit respektiert.
Ein Weg dahin führt über unaufgeregte, erfolgreiche Regierungsarbeit. Nachdrücklicher als eine Demutsgeste im Landtag wirkt der neue Koalitionsvertrag, der zum Beispiel grüne Protestlagen (Artenschutz, Alpenplan, Flächenfraß) wieder zu konservativen Anliegen macht.
Christian.Deutschlaender@ovb.net