100 Jahre Freistaat

Ehrenrettung für die Revolution

von Redaktion

DIRK WALTER

Von Kurt Eisner zu Markus Söder ist es ein langer Weg. Und doch wäre der eine – Bayerns gestern gewählter Ministerpräsident – ohne den anderen, Bayerns ersten Ministerpräsidenten, kaum denkbar. Eisner legte den Grundstein für den Freistaat. Vielen Bürgern dürfte indes kaum bekannt sein, dass die Demokratie in Deutschland mit einer Revolution begann. „Deutschland 1918“ – das ist so wie „Frankreich 1789“, nur ohne Guillotine.

Ja, die Revolution begann in Deutschland, im Ganzen gesehen und in Bayern erst recht, als friedvolles Projekt. Eisner, Bayerns Chefstratege für die Umwälzung, war Pazifist. Was hat man ihn geschmäht – als Ausländer, bestenfalls noch als gspinnerten Literaten und weltfremden Utopisten. Nichts davon trifft zu. Dass Eisner seit 1906 bayerischer Staatsbürger war, ein Bürger des Königreichs, weiß man kaum. Der Umsturz begann in München auch nicht mit einer wilden Schießerei, sondern mit einem unblutigen Sturmlauf auf die Kasernen. Bis zum Mord an Eisner am 21. Februar 1919 blieb es weitgehend friedlich, erst danach entgleiste der Umsturz in der Konfrontation zwischen linken und rechten Hasardeuren. Im Nachhinein betrachtet ist die Revolution ein Glücksfall der Geschichte. Doch nur langsam setzt sich, auch durch einen besseren Schulunterricht, eine gerechte Würdigung durch.

100 Jahre nach der Revolution wirkt die Demokratie fast mutlos angesichts neuer Herausforderungen. Doch Errungenschaften wie gleiches Wahlrecht (auch für Frauen) und Versammlungs- und Pressefreiheit, 1918 erstmals erstritten (und 1933 wieder aufgegeben), sind weder selbstverständlich noch altbacken. Demokratie ist keine Mode-, auch keine Stil- und Anstandsfrage. Kampfgeist, Wehrhaftigkeit und Stolz sind die Tugenden der Zeit.

Dirk.Walter@ovb.net

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