Im Wechselbad der Gefühle

von Redaktion

Gefühlt regiert die CSU in Bayern seit einer halben Ewigkeit allein. Dabei war das Wahlverhalten seit der Jahrtausendwende starken Schwankungen ausgesetzt. Jede Wahl hat ihre Besonderheiten.

VON MIKE SCHIER

2003

Der Gedanke an den 21. September 2003 treibt den Christsozialen heute Tränen in die Augen. 60,7 Prozent, fast acht Punkte mehr als 1998 holt Edmund Stoiber. Ein historisches Ergebnis: Zum ersten und vermutlich einzigen Mal in der Geschichte der Bundesrepublik holt eine Partei eine Zweidrittelmehrheit der Mandate. Es ist eine Art bajuwarische Trotzwahl: Nachdem der Ministerpräsident im Jahr zuvor als Kanzlerkandidat ganz knapp gescheitert ist, surft Stoiber auf dem Höhepunkt einer Beliebtheitswelle.

Deutschland dagegen steckt 2003 in der Krise: Die Arbeitslosigkeit ist hoch, wenige Monate vor der Wahl hält Kanzler Gerhard Schröder seine berühmte Agenda-Rede. Dementsprechend fällt das Ergebnis der Kanzler-Partei aus: 19,6 Prozent bedeuten rund neun Prozentpunkte weniger. Ansonsten gestaltet sich die politische Landschaft im Maximilianeum übersichtlich: Lediglich die Grünen schaffen als dritte Kraft den Einzug – FDP (2,6 %) oder Republikaner (2,2) haben keine Chance. Auch die Freien Wähler verpassen mit vier Prozent den Sprung.

Auffällig: 42,9 Prozent der Wähler gehen überhaupt nicht zur Wahl. Es ist bis heute die niedrigste Beteiligung in der bayerischen Nachkriegsgeschichte.

2008

Kaum eine Landtagswahl hat bislang solch gravierende Folgen gezeitigt. Der Absturz der CSU ist dramatisch – von 60,7 auf 43,4 Prozent. Minus 17,3 Prozent! Die Wähler, allein in Oberbayern gehen 645 000 Stimmen verloren, haben der Partei den Sturz von Edmund Stoiber nicht verziehen. Jetzt gibt es die Quittung für die Nachfolger. Erst muss Parteichef Erwin Huber den Hut nehmen, dann Ministerpräsident Günther Beckstein. Beide waren nur etwas mehr als ein Jahr im Amt. Der Retter heißt: Horst Seehofer.

Das Parlament wird an diesem 28. September 2008 deutlich bunter. Die Freien Wähler landen unter dem neuen starken Mann Hubert Aiwanger bei mehr als zehn Prozent, auch die FDP zieht mit acht Prozent ein. Mit ihr muss die CSU eine Koalition eingehen. Bemerkenswert: Die SPD profitiert überhaupt nicht von der CSU-Schwäche, sondern fällt weiter (18,6 %).

2013

Die bislang letzte Wahl ist weniger historisch als ihre beiden Vorgänger – und dennoch lohnt sich ein genauer Blick. Wenn am Sonntagabend die Zahlen von 2013 als Vergleich herangezogen werden, sollte man die enorme Verschiebung in den letzten Wochen vor dieser Wahl nicht vergessen. Auch 2013 waren die Grünen der Liebling in den Umfragen. Im Juli lagen sie bei 15 Prozent. Dann kamen Veggie-Day und Pläne zu Steuererhöhungen für Besserverdiener – das reicht am 15. September nur noch für 8,6 Prozent.

Auch die FDP wird zwei Wochen vor der Bundestagswahl von Berliner Themen ins Verderben gerissen. Der kleine Koalitionspartner muss nach 3,3 Prozent seine Büros im Landtag räumen.

Gute Laune hat dagegen Horst Seehofer, der im Maximilianeum unter tosendem Applaus das Victory-Zeichen macht. 47,7 Prozent bedeuten absolute Mehrheit. „Wir sind wieder da“, sagt der Ministerpräsident. Nicht mehr als einen Achtungserfolg erreicht Christian Ude, anfangs als ernst zu nehmender Herausforderer gestartet. Die 20,6 Prozent seiner SPD verbucht er dennoch als „Trendwende“. Ab jetzt, so meint er, gehe es mit der SPD bergauf.

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