Verschleppte Wahl-Reform

Die Richter müssen noch mal eingreifen

von Redaktion

CHRISTIAN DEUTSCHLÄNDER

Es ist gut, wenn sich die Politik für schwierige Entscheidungen Zeit nimmt. Wie der Bundestag derzeit seine Reform angeht, ist jedoch nicht Gründlichkeit, sondern ein dreister Mix aus Verzögern und Verweigern. In nichtöffentlichen Kaffeekränzchen kommen Abgeordnete seit Monaten keinen Meter voran – weil sie nicht wollen. Keine der Fraktionen im Parlament, weder die (einst) großen wie Union und SPD, noch die angeblich so forschen wie die AfD, haben ein Interesse an der überfälligen Verkleinerung des Parlaments. Es geht ja um ihre Mandate.

Schade, dass Wolfgang Schäuble, der in vielen Dingen sonst ein guter Bundestagspräsident ist, diese Verschleppungstaktik mitmacht. Irgendwann 2025 solle das Parlament kleiner werden, findet er – mit anderen Worten: am St.-Nimmerleins-Tag. Die unnötig hohen Kosten des aufgeblähten Bundestags, seine beschränkte Arbeitsfähigkeit, die enorme Zahl an Hinterbänklern, die keine Region direkt vertreten, sondern primär ihr Eigeninteresse – all das wäre in einem kleineren Parlament besser.

Offenkundig funktioniert das Konzept nicht, die Abgeordneten sich selbst beschränken zu lassen. Dann muss noch mal das Verfassungsgericht ran – engere Fristen und Vorgaben setzen. Das Problem lässt sich nicht aussitzen, es wird wachsen; sogar mit der Bayern-Wahl, bei der (in kleinerer Zahl, aber prozentual noch größerem Verhältnis) eine Aufblähung droht. All das achselzuckend hinzunehmen, schadet dem Parlamentarismus.

Christian.Deutschlaender@ovb.net

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