Wissenschaftspolitik

Ein bisschen Elfenbeinturm

von Redaktion

DIRK WALTER

Bayerns neue Wissenschaftsministerin Marion Kiechle gab gestern ihre erste Pressekonferenz – und es könnte schon ihre letzte gewesen sein. Wir wollen der Wahl und der Koalitionsarithmetik nicht vorgreifen. Aber: Vor zehn Jahren, als sich die CSU erstmals seit Jahrzehnten plötzlich in eine Koalition mit der FDP gezwungen sah, gab sie den Liberalen nolens volens die Wissenschaft – um nur ja die Schulen behalten zu dürfen. Eine ähnliche Situation könnte jetzt bei einer Koalition mit wem auch immer wieder nahen. Dass Schulminister Bernd Sibler, der in seinem neuen Amt keine schlechte Figur macht und zudem als CSU-Bezirkschef in Niederbayern eine Hausmacht hat, freiwillig zurücksteckt, ist jedenfalls nicht zu erwarten.

Es wäre etwas schade um die charmante Ministerin, die mit den Routinen des Politikbetriebs etwas fremdelt und auch mal offen über Missstände im eigenen Laden redet – was ein CSU-Politiker nie täte. Zum Nachteil könnte ihr freilich gereichen, dass die Medizinerin erkennbar im Elfenbeinturm lebt. Es gehört schon fast etwas Chuzpe dazu, zum Semesterstart viel über die Notwendigkeit von Spitzenforschung und Extra-Salärs für die „Neymars“ der Forschung zu reden – aber kein Wort zu überfüllten Hörsälen in Massenfächern zu verlieren. Von der Wohnungsmisere, die natürlich auch die Studenten betrifft, gar nicht erst zu reden.

Dirk.Walter@ovb.net

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