Es gehört schon viel politisches Missgeschick dazu, dass nach zwei Wochen blödsinniger Begriffsdiskussionen eine „Antifa Zeckenbiss“ mit ihrem Chemnitz-Video in vielen Medien zu den vermeintlich Guten gezählt wird, und der deutsche Verfassungsschutzpräsident vor dem Rücktritt steht. Schuld daran ist in erster Linie Hans-Georg Maaßen selbst. Der Beamte hat Politik und Staat diskret zu dienen, statt via „Bild“ seine faktenfreie Gedankenwelt zu malen. Ob man diese Kanzlerin mag oder nicht – vom Vorsteher einer nachgeordneten Behörde darf sich Merkel nicht auf der Nase herumtanzen lassen. Was kommt sonst als Nächstes? Eine Regierungskrise, ausgelöst vom Leiter des Wasserwirtschaftsamts Wunsiedel?
Deshalb wäre es besser gewesen, Bundesinnenminister Horst Seehofer hätte als zuständiger Vorgesetzter das Maaßen-Gewürge schneller beendet. Schon recht, dass er über sein Personal selbst und nicht getrieben durch Rücktrittsforderungen von links entscheiden will. In Maaßen hat er aber keinen Sympathieträger an seiner Seite, mit dem sich der Streit ums große Ganze, am Ende um den Bestand der Koalition, gewinnen ließe.
Statt dessen überlagert der CSU-Vorsitzende erneut mit negativen Bundesthemen Auftritte seines Nachfolgers in Bayern, diesmal den Parteitag in München. Das passiert seit Monaten immer wieder punktgenau und schadet Markus Söder spürbar. Man muss nicht gleich der Theorie anhängen, Seehofer sabotiere mit Absicht; dafür ist sein politisches Ende zu stark mit dem Bayern-Wahlergebnis verknüpft. Aber, vorsichtiger gesagt: Er müsste nicht gar so deutlich machen, wie destruktiv diese „Berliner Verhältnisse“ sind, vor denen Söder so gerne warnt. Und wie tief die CSU in Berlin da mit drinsteckt.
Christian Deutschländer
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