Sein Herz schlägt links

von Redaktion

An diesem Sonntag wird Oskar Lafontaine 75 – Vom SPD-Chef zum Linke-Mitbegründer – Sozialist und Katholik

Saarbrücken – „Der Unvollendete“, so hieß eine zum 200. Geburtstag von Karl Marx erschienene Biografie. Sie beschreibt den linken Vordenker als Mann mit enormen Leistungen. Und zieht doch das Fazit eines letztlich unvollendeten Lebenswerks. Eine Beschreibung, die auch auf Oskar Lafontaine zutrifft, der zwar als Frontmann und Mitgründer der Partei „Die Linke“ auch in den vergangenen Jahren politisch einflussreich blieb. Doch seine erfolgreichsten Zeiten hatte er als einstiger Hoffnungsträger und Vorsitzender der SPD, der auf dem Zenit seines politischen Wirkens mit der Partei brach.

Sozialist sein und zur Kirche gehören, das ist für den am 16. September 1943 in Saarlouis geborenen Lafontaine kein Widerspruch. In der Stahlarbeiterstadt Dillingen wuchs er nach eigenen Angaben „im katholischen Arbeitermilieu mit der katholischen Soziallehre“ auf. Seinen Vater Hans, einen Bäcker, verlor er früh, als dieser im Zweiten Weltkrieg starb. Der Sohn besuchte ein bischöfliches Jungeninternat in der Eifel. Bei seinem nachfolgenden Physikstudium in Bonn erhielt er ein Stipendium der katholischen Begabtenförderung Cusanuswerk.

Noch bevor er sein Studium als Diplom-Physiker abschloss, trat er 1966 in die SPD ein, wo er parallel zu seiner beruflichen Tätigkeit bei einem Saarbrücker Strom- und Verkehrsversorger schnell Karriere machte. Schon 1970 saß er im Landtag, 1976 wurde er Oberbürgermeister von Saarbrücken.

Als SPD-Spitzenkandidat erzielte Lafontaine bei der Landtagswahl 1985 stolze 49,2 Prozent der Stimmen und wurde erster SPD-Ministerpräsident des kleinsten Flächenlands.

Der von der Landtagswahl im Januar 1990 mit dem Rekordergebnis von 54,4 Prozent erfolgsverwöhnte Lafontaine wurde Kanzlerkandidat der SPD. Doch während CDU-Kanzler Helmut Kohl nach dem Mauerfall auf internationalem Parkett glänzen konnte, verletzte eine psychisch kranke Frau den Sozialdemokraten bei einem Wahlkampfauftritt im April 1990 mit einem Messerstich in den Hals lebensgefährlich. Obwohl er sich zügig regenerieren konnte, hatte sein Wahlkampf mit Mahnungen vor den Kosten und Problemen der Wiedervereinigung eine Schieflage gegenüber Kohl, der „blühende Landschaften“ in Aussicht stellte.

Lafontaine holte bei der Bundestagswahl im Dezember 1990 für damalige SPD-Verhältnisse magere 33,5 Prozent. So blieb er Regierungschef an der Saar, übernahm 1995 aber handstreichartig den Vorsitz der SPD, indem er nach einer leidenschaftlichen Parteitagsrede den amtierenden Vorsitzenden Rudolf Scharping in einer Kampfabstimmung schlug. In dieser Position wurde er zum Architekten des rot-grünen Machtwechsels und der Abwahl Kohls als Kanzler im Jahr 1998.

Unter Bundeskanzler Gerhard Schröder wurde er Bundesfinanzminister. Doch nur wenig später, im März 1999, kam es zum Paukenschlag: Nach heftigen Dissonanzen mit Schröder trat Lafontaine als Minister und Parteivorsitzender zurück.

Das einfache Parteimitglied Lafontaine kritisierte fortan die wirtschaftsfreundliche Politik Schröders. Als dessen Agenda 2010 zu sozialpolitischen Einschnitten führte, erklärte er schließlich seinen Parteiaustritt. 2007 war er Mitgründer der Partei „Die Linke“, deren Bundesvorsitzender er wurde. 2009 kehrte er an seine alte Wirkungsstätte zurück, machte die saarländische Linken-Fraktion zur drittstärksten Kraft im Landtag und führt sie seitdem an.

Seit Ende 2014 ist der dreifach geschiedene Lafontaine mit der linken Frontfrau Sahra Wagenknecht verheiratet. Derzeit stehen beide mit ihrer linken Sammlungsbewegung „Aufstehen“ im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Michael Merten

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