Huber rügt „miserables Erscheinungsbild“

von Redaktion

Im schlimmsten Tief seit einem halben Jahrhundert lädt die CSU zum Parteitag – Erste Attacken auf Seehofer

München – An Jubel-Parteitage im Münchner Postpalast haben sie in der CSU keine gute Erinnerung. 2013 ließ sich Horst Seehofer dort zum Spitzenkandidaten ausrufen, doch die Stimmung war desas- trös. Die CSU steckte tief in der Verwandtenaffäre des Landtags, vor der Halle protestierten als Mexikaner verkleidete Demonstranten mit Sombreros gegen die „CSU-Amigos“, drinnen drehte sich alles um Schuld und Sühne betroffener Minister. Medial wurde der Parteitag als Misserfolg aufgenommen.

Ausgerechnet hier versucht die CSU nun wieder ein Jubelfest. Am Samstag, 10 Uhr, startet die angeschlagene Regierungspartei im Postpalast die heiße Phase des Landtagswahlkampfs. Es ist einiges neu, der Spitzenkandidat heißt Markus Söder, er wird anders als 2013 auch nicht an einen Katzentisch verbannt. Die Stimmung ist aber vergleichbar. Oder schlimmer.

Seit Monaten ist die CSU im Umfrageloch, zuletzt bei 35 Prozent. Söders persönliche demoskopische Werte sinken. Die Ämterteilung mit Seehofer funktioniert schlecht, aus Berlin überdecken pausenlos schrille Debatten die Landespolitik. Ernsthaft unterstellen erste Parteifreunde Seehofer, absichtlich den Nachfolger zu beschädigen. In der Partei reden sie längst darüber, wer am Wahlabend, 14. Oktober, zurücktreten muss. Viele denken an den legendären Satz von Ex-Parteichef Erwin Huber, der Sündenbock sei „kein Herdentier“.

Welches Einzeltier Huber diesmal meint, teilt er am Freitag auch gleich mit: Seehofer. Beim Parteitag werde man ihm im persönlichen Gespräch sagen, „dass die Disziplin auf der Bundesebene auch mit ausschlaggebend ist für das Landtagswahlergebnis“, sagt Huber im Südwestrundfunk. „Miserabel“ sei das Erscheinungsbild der Bundespolitik und der CSU in Berlin seit einem halben Jahr. Huber fügt noch an: „Eines ist auch klar, unabhängig vom Wahlergebnis: Die CSU wird an Ministerpräsident Söder festhalten, denn aus unserer Sicht macht er eine sehr gute Arbeit in der Landespolitik.“

Das ist der Keim der Personaldebatte. Der verordnete Burgfrieden zwischen Söder und Seehofer bröckelt eh. Per Interview lässt der Parteichef nun auch noch wissen, das Amt als Ministerpräsident sei schöner und leichter gewesen als das des Bundesinnenministers, „sehr viel mehr Repräsentation und Begegnungen“. Mit anderen Worten: Ach Markus, hab dich nicht so. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt: Als Seehofer noch in Bayern war, spottete er immer, Bundesminister sei doch nur ein Halbtagsjob. Söder merkt nur an: „Es gab Zeiten, da war es leichter, Ministerpräsident zu sein.“

Die Parteitagsregie muss nun irgendwie hinbekommen, dass der Unmut vieler an der Basis nicht im Postpalast aufploppt. Einen Vorteil haben die Umfragen, erklärt einer der Planer durchaus ernst: Sie sind so schlecht, erstmals mit Machtoption jenseits der CSU, dass der Ernst der Lage jedem Mitglied klar sein dürfte. Markus Blume, der Generalsekretär, spricht von einem Weckruf: „Wir erzeugen Aufbruchstimmung, indem wir einen starken Parteitag hinlegen und mit der legendären Geschlossenheit und Entschlossenheit der CSU zeigen, dass wir um jede Stimme kämpfen.“

Dafür gehen am Samstag sogar die Ehrenvorsitzenden Theo Waigel und Edmund Stoiber, einander leidenschaftlich abgeneigt, auf ein Podium. Stoiber stellt schon im Vorfeld via „FAZ“ klar, dass er kein Rütteln an Söder duldet („das stärkste Kaliber“, „zerreißt sich für das Land“).

Für die Ruckrede ist aber wohl Söder selbst zuständig. Er will seinen Parteifreunden Kampfgeist einimpfen. Das bisher vertrauliche 13-seitige Wahlprogramm („Ja zu Bayern“) liegt unserer Zeitung vor. Es betont Bayerns Erfolgsweg, fordert das komplette Soli-Aus und liefert einen Überbau für Söders bisherige Pläne, aber keine neuen Vorstöße. Kernsatz: Bayern müsse „Hort der Stabilität“ bleiben. C. Deutschländer

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