Lehrermangel in Berlin

Riskante Notlösung

von Redaktion

Wer einen Papierflieger basteln kann, ist noch lang kein Pilot. Wer ein Stethoskop halten kann, ist noch lang kein Arzt. Vielleicht hilft dieser Vergleich bei der Einschätzung, ob es klug ist, tausende pädagogisch ungeschulte Quereinsteiger vor Berliner Schulklassen zu stellen und so die Lehrer-Lücke zu stopfen.

Klar: Eine solche Notlösung ist besser, als reihenweise Stunden ausfallen zu lassen und Klassen aufzublähen. Trotzdem begibt sich die Politik damit auf eine gefährliche Rutschbahn. Die pädagogischen Anforderungen an Lehrer sind massiv gestiegen. Zwei von mehreren Faktoren: Immer größer sind die Erziehungsdefizite im Elternhaus, die an Schulen ausgeglichen werden sollen, übrigens in der vollen Spannbreite von Prekariat bis Wohlstandsverwahrlosung. Immer heterogener, internationaler sind die Klassen, gerade seit den großen Migrationsbewegungen. Die Gesellschaft legt ihren Lehrern derzeit extrem große Lasten auf die Schultern.

Zumindest die Migration ließ sich von Landesregierungen kaum vorausplanen. Trotzdem lehrt Berlin, wie wichtig eine klügere Personalplanung der Kultusbehörden ist. Defizite müssen jetzt mit Anreizprogrammen für Studien- oder Schulartwechsel und Spätpensionierungen ausgeglichen werden. Darauf, vielleicht bei einem Aushilfslehrer ein verborgenes Pädagogentalent zu entdecken, sollte sich ein Land nicht auf Dauer verlassen.

Christian Deutschländer

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