Es ist das große Verdienst von Entwicklungsminister Gerd Müller, das Thema Afrika mit all seinen Schattierungen immer wieder aufs Tableau zu bringen. Vieles von dem, was er sagt, ist richtig. Umso kurioser ist es, dass er mit seinem neuesten Vorschlag, der Abschaffung von EU-Zöllen auf afrikanische Produkte, recht weit danebengreift.
44 Staaten Afrikas können ihre Produkte schon jetzt zollfrei in die EU einführen. Das schafft aber ein Problem, gerade in der Landwirtschaft. Denn die kleinen, untereinander kaum organisierten Betriebe sind mit dem hochsubventionierten EU-Agrarsystem nicht konkurrenzfähig. Ginge es, wie Müller ja selbst fordert, fair zu, müssten Afrikas Staaten ihre Märkte zunächst mal schützen und Zölle auf EU-Produkte erheben. Zumindest so lange, bis sich eine stabile Wirtschaft entwickelt hat. Parallel müsste eine verarbeitende Industrie entstehen, die aus billigen Rohstoffen (etwa Kakao) hochwertige Produkte (Schokolade) herstellt. De facto passiert das Gegenteil: Die EU hat Handelsabkommen abgeschlossen, die die afrikanischen Partner verpflichten, auch ihre Zölle abzubauen. So entgehen ihnen auch noch diese Einnahmen.
Einfache Lösungen gibt es nicht. Aber absolute Zollfreiheit auf beiden Seiten zementiert die Ungleichheit eher, als sie zu beseitigen. Schon jetzt sinken afrikanische Exporte in die EU, die trotz allem wichtigster Handelspartner Afrikas ist. Wer Fluchtursachen langfristig bekämpfen will, dem muss diese Entwicklung Sorgen machen.
Marcus Mäckler
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