USA

Gericht stoppt Waffen aus dem Drucker

von Redaktion

von Can Merey

Washington – Mai 2018: Zehn Tote an einer High School in Santa Fe. April 2018: 17 Tote an einer Schule in Parkland. Oktober 2017: 59 Tote bei einem Musikfestival in Las Vegas. Die Liste der Massaker in den USA könnte beliebig fortgesetzt werden. Aus europäischer Sicht sind die dortigen Waffengesetze absurd lax. Eine Organisation namens „Defense Distributed“ wollte dem nun eine neue Dimension hinzufügen: Schusswaffen aus dem 3D-Drucker.

Die Organisation hatte vor, am Mittwoch Pläne ins Netz zu stellen, mit denen sich eine Waffe am 3D-Drucker herstellen lässt. In letzter Minute stoppte ein Gericht im Bundesstaat Washington das Vorhaben dann per einstweiliger Verfügung. Davor hatte „Defense Distributed“ auf seiner Homepage noch mitgeteilt: „Das Zeitalter der herunterladbaren Waffe beginnt offiziell“, darüber stand das Datum 1. August 2018.

Hinter der Organisation steht ein Mann namens Cody Wilson, der bereits 2013 Pläne für seine Waffe aus dem Drucker veröffentlicht hatte: Der „Liberator“ („Befreier“) ist eine einschüssige Pistole fast ganz aus Plastik, die mangels Seriennummer nicht zurückverfolgt und die Metalldetektoren kaum erkennen können.

Allerdings zwang die Obama-Regierung den Waffennarren schon nach wenigen Tagen, die Pläne wieder aus dem Netz zu nehmen. Mit Unterstützung der Waffenlobby-Organisation „Second Amendment Foundation“ klagte Wilson – ohne Erfolg. Trotzdem schloss die Regierung von Obamas Nachfolger Donald Trump Ende Juni überraschend einen außergerichtlichen Vergleich. Nicht nur sollte Wilson Pläne für Waffen aus dem Drucker online stellen dürfen, den Klägern wurden noch dazu fast 40 000 Dollar zugesprochen.

Die „Second Amendment Foundation“ feierte den Vergleich als „einen vernichtenden Schlag für die Waffenverbotslobby“. Wilson sagte, die Regierung müsse aus bestimmten Bereichen herausgedrängt werden. Kritiker warnen indes, die Erlaubnis für Wilson ermögliche es Terroristen und anderen Verbrechern, ohne jede Kontrolle ihre eigenen Schusswaffen zu drucken.

Auch Sicherheitskräfte haben schwere Bedenken. So sagt etwa Richard Myers, Direktor der Polizistenvereinigung „Major Cities Chiefs Association“: „3D-gedruckte Handfeuerwaffen sind darauf ausgelegt, traditionelle Waffenerkennungssysteme zu umgehen.“ Es gebe Grund zur Sorge, dass diese „Geisterwaffen“ sich verbreiten und die öffentliche Sicherheit in vielen Ländern gefährden könnten.

Die Generalstaatsanwälte von 20 Bundesstaaten und des Hauptstadtdistrikts schickten am Montag einen Brandbrief an Justizminister Jeff Sessions und Außenminister Mike Pompeo. Darin hieß es, die Veröffentlichung der Waffenpläne könnte „eine beispiellose Auswirkung auf die öffentliche Sicherheit haben“. Trump selbst meldete sich auf Twitter: „Scheint nicht sehr sinnvoll zu sein“, schrieb er mit Blick auf die geplante Veröffentlichung und kündigte an, sich des Themas anzunehmen.

Wilson ging unterdessen in die Offensive. Am Dienstag, also am Tag vor dem angekündigten Datum, waren die Daten für den 3D-Druck der „Liberator“-Teile und die Anleitung für den Zusammenbau herunterladbar. Die Seite verzeichnete mehr als 5000 Downloads für die Waffe, bevor schließlich beim Aufruf eine Fehlermeldung kam.

Grundsätzlich ist es in den USA legal, sich selbst eine Schusswaffe zu bauen. Wilson verkauft über eine separate Firma Bausätze, Software und eine CNC-Werkzeugmaschine für solche Waffen, die nicht aus dem Drucker kommen. Im Angebot ist ein Bausatz für ein halbautomatisches Sturmgewehr, das dem AR-15 nachempfunden ist. Damit mordeten etwa die Todesschützen in Parkland und Las Vegas.

Noch sind die Kosten für 3D-Drucker hoch, höher jedenfalls als für eine Pistole auf dem Schwarzmarkt. Schusswaffen aus Metall sind außerdem zuverlässiger und haltbarer als der „Liberator“ aus Plastik. Doch beim „Liberator“ dürfte es kaum bleiben: Schon jetzt können registrierte Nutzer auf der von Wilson betriebenen Seite eigene Pläne für Waffen aus dem 3D-Drucker hochladen. Wilsons Initiative könnte der Beginn einer neuen Ära sein. In der Anleitung zum Zusammenbau der „Liberator“-Teile heißt es: „RIP gun control“ – „Ruhe in Frieden, Waffenkontrolle“.

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