USA

„Hillary Clinton führt etwas im Schilde“

von Redaktion

Von Friedemann Diederichs

Washington/New York – Sie war die Verliererin des Jahres 2016. Doch im New Yorker Central Park ist Hillary Clinton, die gescheiterte Präsidentschaftskandidatin, an diesem Wochenende der Star. Beim „Ozyfest“, einer Mischung von Politiker-Auftritten, Musik und Gourmet-Gerichten, bejubeln tausende Menschen ihre Aussagen. Und die haben es in sich: Das Ausmaß der Einmischung Russlands in den letzten Wahlkampf sei erst jetzt völlig klar geworden. Diese „Attacken auf unsere Demokratie“ gingen sogar noch weiter. Es sei ein großes Mysterium, warum sich Präsident Donald Trump nicht im Interesse des Landes äußere. Und: Trump wolle ein Freund Putins sein „aus Gründen, die wir noch herausfinden müssen“.

Die in diesen Sätzen versteckte Botschaft der 70-jährigen Demokratin an die Wähler ist klar: Trump ist eine Gefahr für die USA, weil er Moskau nicht entgegentritt. Clinton glaubt, die Wahl nur aufgrund der Einmischung des Kreml verloren zu haben, obwohl es dazu keine Daten aus unabhängigen Quellen gibt. Viel spricht mittlerweile dafür, dass sie die Schwächen des amtierenden Präsidenten – vor allem nach dem Gipfel-Fiasko von Helsinki – nicht nur zu Meinungsäußerungen nutzen will, die sich seit zwei Monaten auffallend gehäuft haben. Beobachter rechnen mittlerweile damit, dass Clinton es im Jahr 2020 noch einmal – und dann wirklich ein letztes Mal – wissen will und den eine Wiederwahl anstrebenden Trump herausfordern wird. Dann wird die frühere Außenministerin 72 Jahre alt sein, so alt wie Trump heute.

Das wohl wichtigste Indiz für eine erneute Kandidatur ist der Umstand, dass sie bereits einen neuen sogenannten „Super Pac“ mit dem Namen „Onward Together“ („Vorwärts zusammen“) gegründet hat. Eine Organisation, die an die Wahlkampfspenden-Limits der jeweiligen Kandidaten nicht gebunden ist und die sich üblicherweise stark in Wahlkämpfe einmischt – vor allem mit Anzeigen, die gerne auch unter die Gürtellinie zielen.

„Clinton führt etwas im Schilde“, kommentierte kürzlich die „New York Post“ die absehbaren politischen Ambitionen der Demokratin. War Hillary Clinton nach ihrer schmerzhaften Niederlage – sie bekam landesweit drei Millionen mehr Stimmen als Trump und verlor nur aufgrund des Wahlmänner-Systems der Bundesstaaten – noch längere Zeit still geblieben und hatte an einem Buch gearbeitet, so will sie jetzt in der Politik wieder mitreden.

Im Juni meldete sie sich zur viel kritisierten Trennung von Kindern von ihren illegal eingereisten Eltern zu Wort und nannte diese mittlerweile von Trump revidierte Entscheidung „entsetzlich“. Es handele sich um eine „moralische und humanitäre Krise“. Unmittelbar nach dem Treffen Trumps mit Putin in Helsinki machte Clinton in nur vier Worten klar, dass sie an eine ungesunde Nähe der beiden Staatsmänner glaubt: „Nun wissen wir es“, lautete ihre Twitter-Botschaft, nachdem Trump bei seiner Pressekonferenz mit dem Kreml-Chef die eigenen Geheimdienste im Regen hatte stehen lassen. Trump beteuerte allerdings gestern auf Twitter, er habe in Helsinki „Putin nichts gegeben“, sondern lediglich über die Zukunft der beiden Länder gesprochen. Angriffspunkte für Clinton gegen Trump gäbe es dennoch in zwei Jahren genug.

Offen ist dagegen eine ganz andere Frage: Wie würde die Basis von Amerikas Demokraten einen neuen Anlauf der Verliererin sehen? Clinton müsste sich ja erst bei den Vorwahlen der eigenen Partei durchsetzen. Mittlerweile werden ein halbes Dutzend deutlich jüngere und von Skandalen unbelastete Kandidaten der Demokraten genannt, die es ebenfalls ins Weiße Haus ziehen soll – darunter auch Frauen wie die Senatorin Elizabeth Warren. Auch Barack Obamas Vizepräsident Joe Biden, der nach einer ersten Amtszeit Trumps ein beruhigendes und mäßigendes Element als Präsident sein könnte, soll zu einer Kandidatur entschlossen sein. Hinzu kommt noch, dass bei Vorwahlen für den Kongress zuletzt deutlich geworden ist, dass durchaus auch den Sozialisten zugerechnete Bewerber wie die erst 28-jährige Alexandra Ocasio-Cortez aus New York eine Chance haben.

Was wiederum die Frage aufwirft, ob eine zum eher moderaten Flügel und Establishment der Partei zählende Politikerin wie Clinton noch dem „Zeitgeist“ der Demokraten entspricht – und ob sie nur mit ihrem wichtigsten Argument der „gestohlenen“ Wahl 2016 punkten kann. Doch momentan reitet Hillary Clinton weiter auf der Anti-Trump-Welle – und die US-Medien nehmen sie durchaus zur Kenntnis.

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