München – Die sehr frostige Freundschaft wurde zu später Stunde sogar mit einem Eisbecher besiegelt. Zweieinhalb Stunden haben Markus Söder und Horst Seehofer weitgehend einträchtig, jedenfalls ohne lautstarken Streit, an einem Tisch verbracht. Der Ministerpräsident und der Parteivorsitzende, einander seit ewig eher in Eiseskälte als in Herzenswärme verbunden, wollen einen neuen Anlauf starten, die nächsten Wochen besser zusammenzuarbeiten.
Nach Informationen unserer Zeitung haben sich Söder und Seehofer am Freitagabend in einer vertraulichen Sechser-Runde mit Alexander Dobrindt (Bundestag), Thomas Kreuzer (Landtag), Markus Blume und Daniela Ludwig (Generalsekretäre) getroffen, um einen Weg aus dem verheerenden Umfragetief zu suchen. Man habe in „recht gespannter Stimmung“ begonnen, aber einen konstruktiven Abend verbracht, berichten Teilnehmer.
Die Differenzen Söder/Seehofer waren seit Tagen lauter geworden. Söder betonte, er sehe die Schuld für das 38-Prozent-Tief in der Bundespolitik. Seehofer konterte kühl mit der extrem ambitionierten Zielvorgabe für seinen Nachfolger, die absolute Mehrheit sei noch erreichbar. Das Treffen in der Parteizentrale sollte den bisher über Interviews geführten Streit zumindest etwas entschärfen – für Söder und Seehofer, zwischen denen mitunter wochenlang Funkstille herrschte, ist eine so lange persönliche Aussprache selten. Beide wollen nun mehr Einigkeit zeigen. Seehofer bot einen gemeinsam unterzeichneten Brief an die Basis an sowie Doppelauftritte. Der erste soll noch vor dem nächsten Parteitag (Mitte September, München) stattfinden. „Der Horst war da sehr konstruktiv“, heißt es in der Runde.
Intern sieht man die 38-Prozent-Umfrage zwar schlechter als den tatsächlichen Wert. Dennoch beschrieb Söder die Lage als sehr schwierig, berichtete von Gesprächen an der verunsicherten Basis. Auch Vorstandsmitglieder hatten im Vorfeld der Anti-CSU-Demonstration am Sonntag registriert, wie nervös die Partei auf die Proteste reagierte. Die Plakataktion gegen die Demo fanden nicht alle glücklich.
Beim Treffen am Freitag merkte Seehofer an, schwierig sei die Lage für die CSU schon oft gewesen. In Wahrheit stehe das Land glänzend da, man müsse bei Strategie und Kampagne nachjustieren. Er schilderte in der Runde erneut, dass er eine Kampagne gegen die CSU sehe, und beklagte sich, sein Satz über die 69 abgeschobenen Afghanen werde seit Tagen vorsätzlich aus dem Zusammenhang gerissen und instrumentalisiert. Konsens: Söder soll in den nächsten Wochen verstärkt versuchen, Fragen der Landespolitik in den Vordergrund zu stellen, und sich aus der Bundes-Asyl-Debatte fernhalten.
Passend dazu veröffentlicht die CSU in diesen Tagen das 37-seitige „Regierungsprogramm“. Bunt, mit vielen Bildern. Es basiert auf Söders im Landtag vorgestellten Konzepten, verdichtet auf zehn Leitfragen. Ein Wahlprogramm (in den Vorjahren: „Bayernplan“) soll es nicht geben, dafür eine weitere Söder-Regierungserklärung im Landtag im September.
C. Deutschländer/M. Schier