in Finnland

„Wir haben viele Gegner“: Trump trifft Putin

von Redaktion

Hacker-Affäre überschattet Treffen der Präsidenten – Sonderermittler klagt russische Geheimdienstmitarbeiter an

Helsinki – Die Bühne ist bereitet: Im finnischen Präsidentenpalast soll es am Montag zum Handschlag der beiden vielleicht mächtigsten Männer der Welt kommen. Donald Trump trifft auf Wladimir Putin – und alle Augen richten sich auf Helsinki. Weil der US-Präsident eine seltsame Verbundenheit mit dem Kreml-Chef zu haben scheint. Weil es der Höhepunkt seiner Europareise ist, auf der er Angela Merkel und Theresa May düpierte und die anderen Nato-Länder in Brüssel vor sich hertrieb. Und weil Trumps erster Gipfel mit Putin überschattet wird von neuen Entwicklungen in der Russland-Affäre.

Das Treffen ist ein riesiges Medienereignis. Ob am Ende Ergebnisse dabei herauskommen, ist fraglich. Recht wahrscheinlich, dass Trump das Treffen unabhängig vom Verlauf als Erfolg verkaufen wird. So wie er schon seine Begegnung mit dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong Un trotz wohlklingender, aber unverbindlicher Resultate als historischen Durchbruch darstellte. Helsinki ist jedenfalls längst im Gipfelfieber. Die Konterfeis der beiden Präsidenten prangen auf T-Shirts und Bierflaschen. Eine Buchhandlung verkauft Putin- und Trump-Matroschkas.

Rund 8500 Kilometer entfernt in Washington kreist unterdessen fast alles nur um ein Thema: die neuen Vorwürfe in der Russland-Affäre. Sonderermittler Robert Mueller klagte am Freitag zwölf russische Geheimdienstmitarbeiter wegen der Hackerangriffe auf die Demokraten im Wahlkampf 2016 an. Damit wird erstmals der russischen Militärgeheimdienst GRU direkt beschuldigt, hinter dem Angriff auf Trumps Konkurrentin Hillary Clinton zu stehen.

Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe. Besonders ein Detail der Anklageschrift hat es in sich: Demnach sollen die Geheimdienstler erstmals um den 27. Juli herum versucht haben, sich Zugang zu Servern von Clinton-Mitarbeitern zu verschaffen. Am selben Tag sagte Trump auf einer Pressekonferenz mit Blick auf Clintons Mail-Affäre: „Russland, wenn Du zuhörst, ich hoffe, Du kannst die 30 000 E-Mails finden, die fehlen.“

Wenige Stunden, bevor die Anklage bekannt wurde, hatte Trump sich noch darüber beklagt, dass ihm die Russland-Ermittlungen eine Zusammenarbeit mit Moskau erschwerten. Später wies er jede Verwicklung in die zwielichtigen Vorgänge zurück und warf seinem Amtsvorgänger Barack Obama vor, nichts gegen die Hackerangriffe unternommen zu haben.

Dass der stellvertretende Justizminister Rod Rosenstein die Anklage gegen die Geheimdienstler ausgerechnet drei Tage vor dem Gipfel vorlegte, zeigt einmal mehr, dass Trump und seine Regierung keinen einheitlichen Russland-Kurs verfolgen. Seine Ministerien lassen Waffen an die Ukraine liefern, verhängen Sanktionen, weisen russische Diplomaten aus, werfen dem Kreml Menschenrechtsverletzungen vor. Aber Trump erweckt oft den Eindruck, als stünde er nicht so recht hinter dieser Politik. Indem er etwa die Zukunft der von Russland annektierten Halbinsel Krim betont offen lässt, untergräbt er immer wieder die Linie seiner eigenen Regierung.

Trumps Berater waren im Vorfeld bemüht, den Eindruck zu zerstreuen, Trump könne Putin Zugeständnisse machen. Die Ergiebigkeit des Treffens wird freilich schwer zu überprüfen sein, wenn Trump Putin allein zum Vier-Augen-Gespräch trifft und später zusammen mit ihm eine Pressekonferenz gibt. Die russische Seite schraubte die Erwartungen im Vorfeld demonstrativ herunter. Für den Kreml ist es schon ein Achtungserfolg, dass der Gipfel überhaupt stattfindet. Die Zeit der Isolation nach Annexion der Krim scheint jedenfalls vorbei. Putin könnte zum Beispiel erklären, dass Russland sich natürlich nicht in die US-Kongresswahlen im Herbst einmischen werde – ein Erfolg, den Trump daheim verkaufen könnte.

Der US-Präsident verschärfte am Wochenende mit einem erneuten bizarren, aber weltweit beachteten Interview die Lage. Trump ordnete die EU, Russland und China als „Gegner“ ein. Russland sei „in gewisser Hinsicht ein Gegner“, aber auch die EU und China, sagte er. Seiner Ansicht nach hätten die USA „viele Gegner“, darunter Russland, sagte Trump dem US-Sender CBS. Das gelte aber auch für die Europäische Union, sagte er mit Verweis auf den Handelsstreit mit der EU. China sei ein „wirtschaftlicher Gegner, aber das heißt nicht, dass sie schlecht sind“. Das Land sei ein Konkurrent.

M. Hennemuth und F. Kohler

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