Audi-Chef Stadler verhaftet

Ein Großbauernopfer?

von Redaktion

Es kristallisiert sich seit geraumer Zeit heraus: Das eigentliche Zentrum des Abgasskandals im VW-Konzern ist nicht so sehr die Zentrale in Wolfsburg. Zu viele Fäden liefen bei der Ingolstädter Tochter Audi zusammen. Insofern war es erstaunlich, wie unangefochten Audi-Chef Rupert Stadler angesichts erdrückender Vorwürfe bis gestern seine Position sowohl bei Audi als auch bei der Konzernmutter Volkswagen sogar ausbauen konnte. Nun schwang das Pendel in die andere Richtung. Stadler wurde festgenommen: als erster und bisher einziger Vorstand im VW-Konzern.

Das erstaunt auch, weil der Audi-Chef zu den wenigen Nicht-Technikern auf dieser Führungsebene gehört. Dass Stadler dort als einziger Bescheid wusste, ist nahezu ausgeschlossen. Er hat die kriminellen Aktionen sicher nicht erfunden, womöglich aber gefördert und am Ende abgenickt. Das wäre schlimm genug, muss aber noch hieb- und stichfest bewiesen werden. Es stellen sich weitere Fragen. Zuerst zum einzigen Haftgrund, der Verdunkelungsgefahr: Wer drei Jahre wissentlich auf Beweisen saß, die ihn ins Gefängnis bringen könnten, ohne die Spuren wirksam zu verwischen, dem wäre wohl nicht zu helfen. Es dürften wohl die Einlassungen bereits verhafteter Audi-Mitarbeiter sein, die zum Audi-Chef führten. Doch Aussagen, mit denen Verdächtigte andere belasten und sich selbst entlasten, sind von zweifelhaftem Wert. Ein einsames Großbauernopfer, bei dem der Konzernchef stellvertretend für andere büßen soll, wäre dem kollektiven Fehlverhalten ebenso unangemessen wie ein Ergebnis, bei der die Konzernspitze unangetastet bliebe.

Martin Prem

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