Seehofer verschiebt Asyl-Masterplan

Merkels Paukenschlag

von Redaktion

Wer wissen will, in welche Richtung die Kanzlerin das Land zu führen gedenkt, muss nicht ihre Regierungserklärungen nachlesen. Er kann sich auch die Mühe sparen, sich putzige Möchtegern-Kreuzverhöre durch die Fraktionen im Bundestag anzuhören. Er muss nur Anne Will schauen. Da fiel er am Sonntagabend wieder, der ominöse Satz, der Merkels Asylpolitik zusammenfasst wie sonst nur ihr berühmtes „Wir schaffen das“: An Deutschlands Grenzen, bekräftigte Merkel abermals, sei der Zustrom von Asylbewerbern nicht zu stoppen. Die von Bundesinnenminister Seehofer geplanten Zurückweisungen von Flüchtlingen, auch solcher, die schon in anderen EU-Ländern Asylanträge gestellt hätten, seien daher sinnlos.

Das war ein Paukenschlag, und zwar einer, der in der CSU für einen kollektiven Ohnmachtsanfall sorgen dürfte. Für die bayerische Staatspartei ähnelt die Asylfrage vor der Bayernwahl einer tickenden Zeitbombe – und deren Entschärfung ist mitsamt Seehofers Asyl-Masterplan erst mal geplatzt. Auch der Hinweis aus der CSU, dass Österreich und Ungarn die Grenzkontrollen schließlich auch hinbekämen, überzeugt die Regierungschefin nicht. Schillernd ist Merkels Begründung ihres Neins zu Grenz-Abweisungen: Sie beruft sich auf europäisches Recht. Freilich eines, das erst eines fernen Tages gelten soll, wenn sich die zerstrittenen Europäer gegen jede Erwartung auf einen europäischen Asylplan geeinigt haben sollten. Das schon gültige EU-Recht – nämlich das Dublin-Abkommen, das vorsieht, dass Flüchtlinge, die aus Nachbarländern kommen, dorthin zurückgeschickt werden – ignoriert die Kanzlerin hingegen beharrlich.

Wenn man so will, erneuert Angela Merkel mit ihrer demonstrativen Absage an Grenzkontrollen ihr Einladungssignal aus dem Jahr 2015. Schon damals hatten Schleuser in Afrika und anderswo ihre Worte zur Sicherbarkeit der Bundesgrenze als das verstanden, was es war: die Zusage, dass jeder, dem es gelingt, seinen Fuß irgendwo auf europäischen Boden zu setzen, es am Ende auch bis nach Deutschland schafft.

Georg Anastasiadis

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