„Schonungslos“ – kein Wort wurde gestern von SPD-Politikern öfter genutzt. Und es stimmt ja auch: Noch nie ist eine Partei so offen, so selbstkritisch und – ja – so schonungslos mit ihrem Scheitern umgegangen. Es ist die blanke Angst, die die Genossen zum großen Reinemachen treibt. Die Angst, anderen sozialdemokratischen Parteien des Kontinents in die Bedeutungslosigkeit zu folgen.
Mit der Studie wird nun für jedermann offensichtlich, warum sich die neue SPD-Spitze von Sigmar Gabriel lösen wollte. Sein langes Zögern in der Kandidatenfrage und die falsche personelle Aufstellung des Willy-Brandt-Hauses ließen den Kandidaten Martin Schulz mehr und mehr wie einen Fremdkörper in den eigenen Reihen wirken. Es birgt viel Ironie, dass ausgerechnet Gabriels einstige Generalsekretärin Nahles nun alles besser machen soll.
Vor allem, weil die – noch wichtigeren – inhaltlichen Fragen ungelöst bleiben. Umfragen zur Kreuz-Debatte in Bayern zeigen, dass die Wähler in Wertefragen weit zerrissener sind als die Funktionäre. Auch das Thema Migration hängt den SPD-Genossen (übrigens wie jenen in der Linkspartei) wie ein Mühlstein um den Hals. Während in der Parteispitze die meisten die Position der Grünen teilen, haben sich viele einfache Wähler zur AfD verabschiedet. Schlüssige Antworten auf das Dilemma sind nicht in Sicht.
Mike Schier
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