Seebach/Berlin – Der AfD-Vorsitzende Alexander Gauland hat den Nationalsozialismus in Deutschland als historischen „Vogelschiss“ verharmlost und damit breite Empörung ausgelöst. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier verurteilte eine Relativierung der Verbrechen der Nationalsozialisten scharf, ging aber nicht direkt auf Gauland ein. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble forderte einen verantwortungsvollen Umgang mit der Vergangenheit, das Internationale Auschwitz Komitee nannte Gaulands Aussage „widerlich“.
Gauland, auch Fraktionschef im Bundestag, sagte am Samstag beim Bundeskongress der AfD-Nachwuchsorganisation Junge Alternative im thüringischen Seebach: „Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte.“ Der Satz fiel nach einem Bekenntnis zur Verantwortung der Deutschen für den Nationalsozialismus mit Millionen ermordeten Juden und Millionen Kriegstoten. „Ja, wir bekennen uns zur Verantwortung für die zwölf Jahre“, sagte Gauland, aber: „Wir haben eine ruhmreiche Geschichte – und die, liebe Freunde, dauerte länger als die verdammten zwölf Jahre.“ Die AfD-Jugend reagierte mit Beifall und „Gauland, Gauland“-Rufen.
Die rechtspopulistische AfD sorgt mit Thesen zum Umgang mit der deutschen Geschichte immer wieder für Aufregung. Der Thüringer Landesvorsitzende Björn Höcke, der am Samstag ebenfalls Gast in Seebach war, hatte 2017 mit der Forderung nach einer „erinnerungspolitischen Wende um 180 Grad“ heftige Debatten ausgelöst.
Steinmeier betonte bei einem Festakt zum Jahrestag des Denkmals für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen: „Wer heute den einzigartigen Bruch mit der Zivilisation leugnet, kleinredet oder relativiert, der verhöhnt nicht nur die Millionen Opfer, sondern der will ganz bewusst alte Wunden aufreißen und sät neuen Hass, und dem müssen wir uns gemeinsam entgegenstellen.“ Die Parteien des Bundestags reagierten entsetzt. Simone Rothe