Washington, Brüssel, Berlin – den Hauptstädten dieser Welt wird gerne vorgeworfen, sich von den Sorgen und Nöten der einfachen Bürger weit entfernt zu haben. Der Landtag im beschaulichen München bekommt diese Klage seltener zu hören, schließlich touren die Politiker aller Parteien unermüdlich durch Bierzelte und die Hinterzimmer von Gaststätten – von Mittenwald bis Mellrichstadt. Von daher verwundert es sehr, dass die Opposition nun glaubt, aus ihrer Ablehnung einer begrenzten Amtszeit für Ministerpräsidenten Kapital schlagen zu können.
Natürlich war der Vorstoß von Markus Söder, dem man zu Recht maximales Machtstreben unterstellen darf, in erster Linie taktischer Natur. Damit nahm der neue Regierungschef noch vor seiner Wahl vielen Skeptikern den Wind aus den Segeln. Die Opposition reagierte sogar (widerwillig) zustimmend. Erst jetzt, da die Entscheidung nur noch wie eine Formalie wirkte, will man Söder einen Strich durch die Rechnung machen. Das Argument, er stelle sich auf eine Ebene mit dem US-Präsidenten, wirkt arg an den Haaren herbeigezogen. Ein durchschaubares Spielchen unter der parlamentarischen Käseglocke.
Die Spätphasen der Amtszeiten von Edmund Stoiber und Horst Seehofer in Bayern, von Christian Ude in München, aber auch von Helmut Kohl im Bund – sie alle beweisen, dass im Laufe vieler Jahre das Regieren zur Routine wird, neue Ideen ausbleiben und das Umfeld des Amtsinhabers verkrustet. Stets gab es Verwerfungen in den Parteien, weil versäumt wurde, einen Nachfolger aufzubauen. Sicher: Die Begrenzung der Amtszeit würde nicht alle Probleme lösen, aber den für eine lebendige Demokratie notwendigen Wechsel garantieren. Gäbe es sie im Bund, hieße die Kanzlerin 2018 auch nicht mehr Angela Merkel. SPD, Freie Wähler und Grüne sollten sich noch einmal ehrlich fragen, ob sie das bedauern würden.
Mike Schier
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