Ärger um die Fußballer Özil und Gündogan

Duell der Werte

von Redaktion

Ilkay Gündogan hat das Trikot, das er Recep Tayyip Erdogan überreichte, demonstrativ in die Kamera gehalten. Er hielt es so, dass der Stoff keine Falten warf und man die Widmung gut lesen konnte. „Für meinen verehrten Präsidenten“ stand da. „Hochachtungsvoll.“

Gündogan gilt als kluger Kopf. Als einer, der denkt, bevor er spricht. Das hat ihn nicht vor der Torheit bewahrt, das Trikot für Erdogan als Geste der Höflichkeit zu verharmlosen und das ganze Treffen als Petitesse am Rande einer Stiftungsveranstaltung. In Wahrheit ist nichts daran eine Kleinigkeit. Einen hochrangigen Politiker trifft man nicht einfach mal so. Man hat auch nicht zufällig gerade ein Shirt dabei. Vor allem aber hofiert man nicht in dieser Form einen Staatschef, der Demokratie und Meinungsfreiheit so entschlossen ablehnt wie Erdogan. Errungenschaften also, die in Deutschland eine hohe Bedeutung haben, wie auch Gündogan und Mesut Özil aus persönlicher Erfahrung wissen.

Niemand im Lager der beiden Fußballer kann ernsthaft überrascht sein von der Welle aus Unverständnis und Fassungslosigkeit, die sie nun mitreißt. Spieler dieser Kategorie haben eine Armada aus Beratern, die jeden Schritt planen und steuern. Entweder sind diese Leute allesamt Stümper. Oder Gündogan und Özil hatten das Gefühl, sich der präsidialen Annäherung nicht entziehen zu können. Sportler werden gerne von der Politik vereinnahmt, nicht nur in autoritären Systemen.

Deswegen ist die Geschichte nicht weniger verstörend. Während der DFB um Härte gegenüber Russland bemüht ist, das dem ARD-Journalisten Hajo Seppelt anfangs ein Visum verweigerte, leistet das Duo lächelnd und lobend Wahlkampfhilfe. Zum Nutzen eines Mannes, der für vieles steht. Aber nicht für die Werte eines Landes, dessen Trikot Gündogan und Özil tragen.

Marc Beyer

Sie erreichen den Autor unter

Marc.Beyer@ovb.net

Artikel 15 von 15