Ungeeignet und erpressbar?

von Redaktion

In der Schlammschlacht mit dem US-Präsidenten Donald Trump legt der ehemalige FBI-Direktor James Comey nach

Washington – Ein knappes Jahr ist seit der Entlassung von FBI-Direktor James Comey vergangen. Er erfuhr von dem Rauswurf durch Präsident Donald Trump auf einer Reise nach Kalifornien durch eine Eilmeldung im Sender CNN. Das Weiße Haus zielte offenbar darauf ab, Comey nach der Kündigung maximal zu demütigen. Auch wurde ihm zunächst der Rückflug im Dienstjet verboten.

Diese Umstände könnten erklären, dass Comey nun in seinen Memoiren und bei der PR-Kampagne für sein Buch mit ungewöhnlicher Härte zurückschlägt. Aber natürlich sollen die Schlagzeilen, die seine Aussagen begleiten, auch ein Buch verkaufen, das bereits auf Platz 1 der Amazon-Bestellliste steht und heute in den USA offiziell ausgeliefert wird.

Am Sonntagabend zeigte der Sender ABC eine Stunde lang ein Interview mit Comey, dessen Aussagen es in sich haben und vom Marketingaspekt her nicht enttäuschen. Trump sei „moralisch ungeeignet“ für das höchste Staatsamt, so der Geschasste. Und: Er könne nicht ausschließen, dass Moskau im Besitz von kompromittierenden Material über den Präsidenten sei, mit dem dieser erpresst werden könne. „Ich wünschte, ich müsste dies nicht sagen,“ so Comey, „aber das ist die Wahrheit.“

Dass die Wahrheit höchst interpretierbar ist, hatte bereits die Twitter-Replik Donald Trumps am Freitag deutlich gemacht, nachdem der Verlag einzelne Exemplare des Buchs gezielt an führende Medien vorab lanciert hatte. Comey sei ein „lügender Schleimbeutel“, so der Präsident. Am Sonntag legte Trump nach und bezeichnete seinen Kontrahenten als „schlüpfrig“. Comey werde als schlechtester FBI-Direktor in die Geschichte eingehen – „bei Weitem“, so Trump. Und gestern hieß es dann: Comey habe wie auch andere „viele Verbrechen“ begangen.

Dieses Schlammschlacht-Getöse begleitet die gnadenlose Abrechnung Comeys mit seinem früheren Arbeitgeber. Trump lüge ständig. Er sehe Frauen nur als Fleisch. Er führe sich wie ein Mafiaboss auf. Das sind die Eindrücke Comeys aus den wenigen Treffen, die er mit Trump hatte. Bei einem dieser Zusammenkommen im Februar 2017 soll dann der Präsident seine Loyalität verlangt und auch gefordert haben, dass Comey ihm die lästige Untersuchung seines damaligen Sicherheitsberaters Michael Flynn vom Hals schaffe. Ein Vorgang, der am Ende für Sonderermittler Robert Mueller interessant sein könnte, weil es als Justizbehinderung interpretiert werden könnte.

Doch für diese Gespräche gibt es keine dritten Zeugen, sondern nur jene handschriftlichen Aufzeichnungen Comeys, die er nach den Besuchen im „Oval Office“ noch im Dienstwagen sitzend angefertigt haben will. Für eine Amtsenthebung Trumps, von der die US-Demokraten träumen, plädiert James Comey dennoch nicht – vielleicht auch, weil er weiß, wie schwer parlamentarische Mehrheiten dafür zu finden sind.

Comey war in seinem ABC-Interview darum bemüht, den Schlussfolgerungen von Sonderermittler Mueller nicht vorzugreifen – schließlich war er selbst bis zu seinem Zwangsabschied an den Untersuchungen beteiligt. Auch Versuchen einiger Demokraten, Trump wegen seines unberechenbaren Verhaltens für amtsunfähig oder geisteskrank erklären zu lassen, wollte er nicht folgen. Der Präsident leide seiner Meinung nach nicht an beginnender Demenz. Trump scheine eine Person von überdurchschnittlicher Intelligenz zu sein, die wisse, was vor sich gehe. Friedemann Diederichs

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