Washington – Er sei der Mann, der den Präsidenten und seine Familie beschütze, sagte Trump-Anwalt Michael Cohen voriges Jahr in einem Interview. Und: „Ich bin der Kerl, der eine Kugel für den Präsidenten nehmen würde.“ Nun haben sich Amerikas Justiz und das FBI, sehr zum Verdruss des empört reagierenden Donald Trump, auf den Cohen eingeschossen.
Die „Washington Post“ meldete, die Durchsuchungen von Büro, Haus und Hotelzimmer des 51-jährigen Anwalts aus New York vom Montag stützten sich auf den Verdacht des Bankbetrugs, Geldtransfer-Betrugs und der möglichen Verletzung von Wahlkampf-Spendengesetzen. Jede Menge Unterlagen über Cohens persönliche Finanzen, aber auch über seinen wichtigsten Klienten Donald Trump seien beschlagnahmt worden – und damit möglicherweise auch die sorgsam gehüteten Steuererklärungen des Präsidenten.
Es war eine drastische und in der US-Justizgeschichte beispiellose Aktion der Ermittler, die sich auf eine richterliche Anordnung stützte. Die Durchsuchungen sind ein Vorstoß in den innersten Zirkel des Präsidenten, der in einer ersten Stellungnahme versucht hatte, das Vorgehen des FBI und der Justiz als kriminellen Akt zu charakterisieren. Trump sprach von einem „Einbrechen“ bei seinem Anwalt und von einer „Attacke auf unser Land und alles, wofür wir stehen“. Dies sei „das Ende“ des traditionell geschützten Verhältnisses zwischen Anwälten und ihren Mandanten.
Wie ungewöhnlich der Schritt der Fahnder gewesen sei, beschreibt Harvard-Rechtsprofessor Alan Dershowitz: Die Taktik, gegen Anwälte vorzugehen, werde normalerweise nur bei dem Verdacht des organisierten Verbrechens bei Mafiosi und bei Schwerverbrechern genutzt. Die Kommunikation zwischen Anwälten und Mandanten kann immer dann vom FBI unter die Lupe genommen werden, wenn es einen Richter davon überzeugt, dass der Jurist möglicherweise eine Straftat begangen hat. Dies ist im Fall Cohen geschehen.
Dennoch sieht Trump die Ermittlungen, die sich auf den Aspekt der Zahlung eines Schweigegeldes in Höhe von 130 000 US-Dollar kurz vor den letzten Wahlen durch Cohen an die Pornodarstellerin Stormy Daniels konzentrieren sollen, als Fortsetzung der „Hexenjagd“ gegen ihn. Zu der Reporterfrage, ob er nun Sonderermittler Robert Mueller entlassen würde, sagte Trump lapidar: „Wir werden sehen.“ Laut seiner Sprecherin hätte der Präsident die Befugnis zur Entlassung Muellers. Von einem Feuern raten dem Präsidenten dem Vernehmen nach aber auch zahlreiche Republikaner im Kongress ab. Sie fürchten eine Verfassungskrise und die Verschlechterung ihrer Chancen bei den Zwischenwahlen im November.
Die Durchsuchungen waren von Vize-Justizminister Rod Rosenstein persönlich autorisiert worden, nachdem Sonderermittler Mueller offenbar Hinweise auf mögliche Verbrechen Cohens gefunden hatte, die nicht im direkten Zusammenhang mit Muellers ursprünglichen Ermittlungsauftrag – dieser soll die Einmischung Russlands in die Wahlen untersuchen – stehen.
Trump sagte eine geplante Südamerika-Reise ab, um sich der Syrien-Krise widmen zu können. Doch innenpolitisch dürften für ihn die Entwicklungen in Sachen Cohen im Vordergrund stehen. Den Anwalt sehe er als „Familie“ an, bewerteten US-Medien die dramatischen Ereignisse. Sie beschreiben Cohen als „Fixer“ – als Person, der heikle Dinge für den Präsidenten richtet und juristisch als „Mann fürs Grobe“ gelten könnte.
Trumps Anwalt hat die Zahlung an den Pornostar eingeräumt, während der Präsident jede Kenntnis dieses Vorgangs verneint hat. Für die Zahlung an den Porno-Star hatte Cohen laut „New York Times“ einen Kredit auf sein Haus aufgenommen und dabei, wie es der Durchsuchungsbeschluss suggeriert, wohl der Bank falsche Angaben über die Verwendung des Geldes gemacht.