Rangun – Myanmars Regierungschefin Aung San Suu Kyi hat inmitten massiver Kritik wegen der Verfolgung von Muslimen einen ihrer engsten Vertrauten verloren. Der Präsident des südostasiatischen Staats, Htin Kyaw, trat gestern überraschend zurück. Der 71-Jährige hatte seit März 2016 das höchste Staatsamt inne – als erster Zivilist seit mehr als einem halben Jahrhundert. Das Militär hat in dem 50-Millionen-Einwohner-Land weiterhin großen Einfluss.
Wegen einer umstrittenen Verfassungsklausel kann Suu Kyi selbst nicht Präsidentin werden. Die Friedensnobelpreisträgerin von 1991 führt mit dem Titel einer „Staatsrätin“ seit zwei Jahren die Regierung. Der Präsident ist augenblicklich weniger wichtig. Als möglicher Nachfolger gilt der bisherige Parlamentspräsident Win Myint. Er kommt ebenfalls aus Suu Kyis Nationaler Liga für Demokratie.
Der Rücktritt wurde über das Facebook-Konto des Präsidialamts bekannt gegeben. Zur Begründung hieß es lediglich, der Präsident nehme eine „Auszeit von seinen gegenwärtigen Pflichten/seiner Arbeit“. In der Vergangenheit wurde mehrfach über Kyaws Gesundheitszustand spekuliert.
Der Abgang trifft die Regierungschefin in einer Phase, in der sie international massiv in der Kritik steht. Wegen des brutalen Vorgehens von Myanmars Armee gegen die muslimische Minderheit der Rohingya gibt es auch Forderungen, ihr den Nobelpreis abzuerkennen. Die Machtverhältnisse zwischen der „Staatsrätin“ und dem Militär sind nach Meinung vieler Experten noch nicht geklärt.