Söder: Kabinett wird größerer Wurf

von Redaktion

Mehrere amtierende Minister wackeln – Neuer Ressortzuschnitt – Entscheidungen erst Dienstag vor Einzelgesprächen

München – Der Grat zwischen Glückwunsch und Anbiederung war schmal. Markus Söder war noch keine zehn Sekunden als Ministerpräsident vereidigt, da bestürmten ihn seine Parteifreunde mit Gratulationen und Selfie-Wünschen. Einer warf sich beim Foto fast über Söders Schulter, ein anderer gestandener Abgeordneter ist auf jedem zweiten Foto des Tages zu sehen, wie er glücklich lächelnd sein Smartphone auf Söder richtet.

Mit dem Freitag begann die Hochphase der Spekulationen, wer Söders erstem Kabinett angehören wird. Ein bisschen Nähe zum Chef schadet da nicht. Nach Informationen aus seinem Umfeld plant er einen weit massiveren Umbau, als bisher bekannt ist. „Es wird einen größeren Wurf geben“, heißt es aus seiner Umgebung: „Das soll ein Zukunftskabinett werden.“

Daraus lässt sich schließen, dass alle gehen müssen, die nicht für eine Zukunft über 2018 hinaus stehen – die Minister Emilia Müller (Soziales) und Helmut Brunner (Agrar) kandidieren ja nicht mehr. Zusammen mit Söders Finanzminister-Posten sind das drei der 17 Kabinetts-Stellen, auf denen Spielraum für Nachbesetzungen besteht. Er wird es dabei aber nicht belassen. Dem Vernehmen nach müssen weitere Regierungsmitglieder gehen; Europaministerin Beate Merk wird in der CSU mehrfach genannt, auch der Name von Kultusminister Ludwig Spaenle fällt. Der Chef der CSU München fiel zwar als sehr Söder-getreu auf, der Ministerpräsident könnte aber ein Zeichen setzen wollen, Posten nicht zuvorderst an Unterstützer zu geben. „Mindestens ein solches Signal muss her“, sagt ein Beteiligter.

Einflüstern lassen will sich Söder aber nichts, weder von Parteifreunden noch von Medien. In seinem Umfeld heißt es, beim Kabinett werde zwar auch, aber weniger als früher auf Proporz geachtet. „In erster Linie zählt die Kompetenz.“ Proporz steht in der CSU vor allem für das mühsame regionale Austarieren – aus jedem Regierungsbezirk muss mindestens ein Staatssekretär kommen. Seehofer trieb das auf die Spitze, indem er den CSU-Proporz bis auf Mini-Verbände wie Augsburger herunterdeklinierte.

Als gesetzt gelten im Kabinett Söder die bisherigen Minister Joachim Herrmann (Innen), Ilse Aigner (Wirtschaft, vielleicht künftig Finanzen), Marcel Huber (noch Staatskanzleichef) und Melanie Huml (Gesundheit). Auch Finanz-Staatssekretär Albert Füracker, sein engster Vertrauter, muss sich nicht vor Söder fürchten. Georg Eisenreich (Kultus) ist für die Leitung der Staatskanzlei im Gespräch. Fraktionschef soll Thomas Kreuzer bleiben.

Um dieses Gerüst herum will Söder mit Personalien überraschen. Fachpolitiker wie Florian Herrmann (Inneres), Kerstin Schreyer (Integration), Martin Huber (Umwelt) oder Otto Lederer (Bildung) werden aus Oberbayern gehandelt. Für eine neue Generation stünde auch die fränkische Abgeordnete Judith Gerlach (33), gerade zum zweiten Mal Mutter geworden.

Wer was wird und wer nix, erfahren die Betroffenen erst am Dienstagabend. In einer Serie von Einzelgesprächen will Söder erst dann seine Parteifreunde informieren. Große Abstimmungsrunden mit allerlei Verbänden und Repräsentanten plant er nicht. Die Namen nennt er dann am Mittwochvormittag kurz vor der Vereidigung der Minister im Landtag.

Intensiv denkt Söder laut Parteikreisen über einen Neuzuschnitt der Ressorts nach; die Seehofer-Zuordnung hat sich in vielen Fällen nicht bewährt – das Bildungsressort ist zu groß, das für Innen/Bau/Verkehr zu unübersichtlich. Ein eigenes Ministerium für Asyl und Integration könnte das Kompetenz-Wirrwarr auf diesem Feld lindern, auch ein Infrastrukturminister wäre denkbar.  cd

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