München – Manche Dinge muss man klarstellen, auch wenn sie selbstverständlich sein sollten. Von Horst Seehofer etwa kam jetzt einer dieser nur-mal-zur-Sicherheit-Sätze. „Wir bleiben ein liberales und weltoffenes Land“, sagte er der „Welt am Sonntag“. „Auch mit Bundesinnenminister Horst Seehofer.“
Die aktuelle politische Debatte wird sich dadurch aber nicht beruhigen. Während der Streit nach Seehofers Islam-Aussagen vom Freitag noch läuft, nutzt der CSU-Chef das Interview, um mit dem nächsten Thema nachzulegen. Diesmal geht es um eine harte Linie beim Grenzschutz. „Es sind nicht allzu viele Grenzstellen in Deutschland derzeit dauerhaft besetzt“, sagte Seehofer. „Auch darüber wird nun zu reden sein, ob das so bleiben kann.“
Seehofer übertrifft damit seine bisherigen Äußerungen. Dass er die Verlängerung der Binnengrenzkontrollen bis mindestens Ende dieses Jahres befürwortet, ist nicht neu – das sagte er auch als Ministerpräsident. Aber es ist eine Nachricht, dass er sie nun verstärken will und das Schengen-Abkommen langfristig ausgesetzt werden soll. Und zwar „solange die EU es nicht schafft, die Außengrenzen wirksam zu schützen und zu kontrollieren“, sagte der Innenminister. „Auf absehbare Zeit sehe ich im Augenblick nicht, dass ihr das gelingen wird.“ Die Kontrollen würden nicht nur illegale Grenzübertritte verhindern, sondern auch andere Schutzfunktionen erfüllen. Bloß: Mit der Schengen-Umsetzung im März 1995 sollte eben diese Schutzfunktion zwischen den 26 Teilnehmerländern nicht mehr notwendig sein.
Deutschland hatte wegen der hohen Flüchtlingszahlen die Kontrollen im September 2015 als erstes Land wieder eingeführt, und zwar an der österreichischen Grenze. Es folgten Österreich, Dänemark, Schweden und Norwegen. Die EU-Kommission dringt schon länger darauf, die Kontrollen auslaufen zu lassen. Und der amtierende EU-Ratspräsident Bojko Borissow aus Bulgarien forderte erst im Februar einen Kontrollstopp bis Mai. Daraus wird wohl nichts.
Auffällig in Seehofers ersten Woche als Innenminister: Er positioniert sich deutlich klarer als sein Vorgänger Thomas de Maizière (CDU). Dafür nimmt er viel Widerspruch in Kauf. Während Unionsfraktionschef Volker Kauder an Seehofers Aussagen anknüpfte und forderte, die europäische Grenzschutzagentur Frontex zu einer Grenzschutzpolizei auszubauen, protestierten die Grünen. Statt Grenzen dichtzumachen, brauche es legale und sichere Zugangswege für Migranten, sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. „Deutschland ist keine Insel, sondern liegt mitten in Europa.“ Alleingänge würden keine globalen Probleme lösen.
Die Grünen und Seehofer – da zeichnet sich einiges an Ungemach ab. Auch seine Aussage, der Islam gehöre nicht zu Deutschland, versetzt die Partei noch immer in Aufruhr. Der Innenminister stoße alle Muslime vor den Kopf, sagte Göring-Eckardt. Als Signal der Solidarität werde am Dienstag der Chef des Zentralrats des Muslime, Aiman Mazyek, an einer Sitzung ihrer Fraktion teilnehmen.
Überraschend deutlich distanzierte sich auch der Chef des Beamtenbunds vom Dienstherren der Bundespolizei. Der Minister schüre „unnötig innergesellschaftliche Konflikte und Vorurteile, die nicht zuletzt die Polizei auszubaden hat“, sagte André Schulz dem „Handelsblatt“. Auch das ein Satz, der zur Klarstellung dienen soll. mit dpa